Das Uhrwerk gehört zu einer verlorenen Bodenstanduhr aus dem Besitz des berühmten Berliner Malers, Grafikers und Fotografen Heinrich Zille (1858-1929). Vermutlich stammt es noch aus der Zeit seines Vaters, des Uhrmachers Johann Traugott Zille, der seit 1869 als Mechaniker bei der Telegraphen-Bau-Anstalt Siemens & Halske in Berlin arbeitete. 1955 schenkte Heinrich Zilles Sohn Walter (1891-1959), ebenfalls Grafiker und Illustrator, das Uhrwerk ohne Pendel und Gewichte dem Märkischen Museum (heute: Stadtmuseum Berlin). Er lebte nach dem Tod seines Vaters Heinrich weiter in der elterlichen Wohnung in der Sophie Charlotte-Str. 88 in Berlin-Charlottenburg.
Im Vergleich zu dem Uhrwerktyp, den Christian Ernst Kleemeyer (1739-1799) meist für seine ausgefallenen Gehäuse benutzte – ein rundes, unten abgeflachtes und nicht sehr großes Werk mit Federantrieb, Aufzug von vorn durch das Zifferblatt und einer Laufzeit von 14 Tagen – gehört dieses Werk noch zur älteren Generation. Es erinnert an die Mechanik typischer Bodenstanduhren nach englischen Vorbildern, wie sie auch andere bedeutende Berliner Uhrmacher, wie Conrad Ehrbar, Névir, Johann Michael Harsch oder Johann Peter Dannenberger, benutzten. Vermutlich wurden die Teile zu diesen Werken in Neuenburg eingekauft und individuell weiter verarbeitet. Solche robusten Bodenstanduhrwerke verfügten jedoch über ein schwingendes Pendel und Gewichtaufzug, wofür sie ein dafür geräumiges Gehäuse benötigten. In den späteren Kreationen Kleemeyers, z.B. in seinen Flötenuhren mit Säulenaufsatz, wäre dafür kein Platz gewesen, so dass er zu dem kleineren, runden Werkstyp überging.
Auch die Art des Zifferblatts mit dem schwungvoll gravierten Namenszug „Ernest Kleemeyer a Berlin“ verweist auf den älteren englischen Bodenstanduhrtyp, der in Berlin durchaus noch in den 1780er Jahren, u.a. von den Großuhrmachern C. Morff oder Dannenberger, verwendet wurde. Bislang ist es die einzig bekannte Signatur von Christian Ernst Kleemeyer, der – gebürtig in Sachsen – 1769 in Berlin das Bürgerrecht und seinen Meistertitel erhielt, in dieser Schreibweise. Später bezeichnete er seine Uhren mit „C. E. Kleemeyer“ und nach Gründung der Uhrenfabrik 1797 mit seinen Söhnen Christian Friedrich und Carl Heinrich Ernst nur mit „Kleemeyer“. (Marina de Fümel, Silke Kiesant)