Dreibeiniger Drehhocker aus massivem gebeiztem und verziertem Hartholz vom Ende des 19. oder dem Beginn des 20. Jahrhunderts aus dem Inventar von Schloss Liebenberg (Mark). Damals avancierte Schloss Liebenberg zu einem Zentrum des gesellschaftlichen Lebens in der Mark Brandenburg rund um den Deutschen Kaiser Wilhelm II. (1859-1941). Der Schlossherr Fürst Phillip zu Eulenburg und Hertefeld (1847-1921), enger Freund und Berater des letzten Deutschen Kaisers, beherbergte im neu ausgebauten Schlossaal und in den imposanten Liebenberger Salons illustre Runden hochgestellter und einflussreicher Personen aus der Deutschen Politik, der kaiserlichen Hofgesellschaft und der Hocharistokratie. In dieser Zeit um die Jahrhundertwende wird auch Botho Sigwart zu Eulenburg (1884-1915), zweiter Sohn des Fürsten und wie dieser musisch veranlagt, sein musikalisches Debüt an der Orgel oder am Klavier in Liebenberg gehabt haben. Der früh begabte junge Musiker erhielt seine musikalische Ausbildung in Wien, München, Leipzig und Dresden. Und doch kehrte immer wieder ins väterliche Schloss nach Liebenberg zurück, um sich dort im eigens für ihn als Wohnort hergerichteten, etwas abseits im Park gelegenen Lindenhaus seinen eigenen Kompositionen zu widmen. Es ist also nicht unwahrscheinlich, dass der hoffungsvolle Komponist von Liedern, Konzerten, Orgelstücken Anfang des 20. Jahrhunderts diesen Klavierhocker benutzte, um zu üben, zu komponieren oder eben der High Society des Deutschen Kaiserhofs vorzuspielen. Sigwart kam als Offizier im ersten Weltkrieg im Alter von nur 31 Jahren ums Leben. Die Uraufführung seiner einzigen Oper „Die Lieder des Euripides“ erlebte er nicht mehr; sie fand im Herbst 1915 am Hoftheater Stuttgart statt. Sigwarts sterbliche Überreste wurden, nach Intervention seines Vaters, überführt und im elterlichen Park in Liebenberg unter seiner Lieblingseiche beigesetzt. Die Grabstelle, mit schlichtem Kreuz, kann dort noch heute besucht werden.