Das Gemälde mit einer Szene aus dem Leben der Eltern Mariens stammt von einem zerstörten Altarretabel, das zur Ausstattung der Abteikirche im Zisterzienserinnenkloster Gutenzell gehörte und dem sechs weitere Tafeln zugeschrieben werden. Während die Außenseiten Szenen aus dem Leben der Gottesmutter zeigten, waren auf den Festtagsseiten Ereignisse aus der Kindheitsgeschichte Jesu dargestellt. Nicht erhalten blieb der Figurenschrein des Retabels.
Das Leben der Eltern Mariens wird im apokryphen Protevangelium des Jakobus geschildert. Deren Ehe war zwanzig Jahre lang kinderlos geblieben, was als Zeichen göttlicher Missgunst gedeutet wurde. Aus diesem Grund wies der Hohepriester Rubel Joachim zurück, der als erster sein Opfer im Tempel darbringen wollte. Joachim zog darauf gedemütigt in die Wüste, wo er vierzig Tage betete und Buße tat.
Die frühere Forschung ging von einer Entstehung der Malerei im Ulmer Raum aus. Neuen technologischen und stilistischen Untersuchungen zufolge sind die Tafeln jedoch in den Niederlanden - einem Zentrum spätmittelalterlicher Malerei - entstanden. Einflüsse Jacques Darets (um 1404-1468) und dessen Werkstatt finden sich sowohl in den Gesichtern als auch in den Gewändern der Figuren.
Die Anfertigung des hochwertigen Altaraufsatzes ist auf die Stellung des Klosters Gutenzell zurückzuführen, das seit den 1417 und 1437 erteilten Privilegien Kaiser Sigismunds (Ks. 1433-1437) Reichsabtei war.
Vgl. die Tafel: Begegnung von Joachim und Anna an der Goldenen Pforte, Inv.Nr. 2.4