Der heilige Hieronymus (Mitte des 4. Jh. - 420 n. Chr.) gehört zu den vier bedeutenden Kirchenvätern. Sein wichtigstes Werk war eine Bibelübersetzung aus dem Griechischen in die lateinische Sprache. In der Malerei wurde er traditionell in zwei Darstellungstypen wiedergegeben: Als Gelehrter in der Studierstube und als Eremit vor Landschaftshintergrund. Rubens zeigt einen kraftvollen Kirchenvater, der intensiv an der Bibelübersetzung arbeitet. Stillebenartige Bücherarrangements verweisen auf seine zahlreichen Schriften, die Sanduhr auf den Vanitasgedanken und der Kardinalshut auf die Berufung des Kirchenvaters. Vermutlich wählte Rubens den kräftigen Hieronymus-Typus anstelle eines ausgezehrten alten Eremiten, um ihn als kämpferischen und engagierten Gelehrten des Christentums zu charakterisieren. Das Gemälde entstand kurz nach Rubens` Italienaufenthalt (1600-1608). Die dort angefertigten Skizzen nach Werken der Antike und der italienischen Renaissance beeinflusten seine späteren Arbeiten deutlich. So erkennt man beim heiligen Hieronymus verschiedene Motive aus Werken Michelangelos und von Werken der Antike. Rubens` Autorschaft war im Laufe der Jahrhunderte zeitwilig in Vergessenheit geraten, zugeschrieben wurde das Bild an Abraham van Diepenbeeck, später an Gaspar de Crayer und Abraham Janssens. Erst 1953 konnte die Zuschreibung an Rubens wieder bestätigt werden.
Das Gemälde befindet sich in der Bildergalerie von Sanssouci.
A. Bauer (2017)