Bei diesem Objekt handelt es sich um ein Vorratsgefäß (Pelike).
Die Mitte des Bauchbildes nimmt ein weiblicher, im Profil nach rechts gewandter Kopf ein. Die Haut der Frau ist durch weiße Farbe wiedergegeben, das Haar wird am Hinterkopf von einer Haube (Sphendone) gehalten. An ihrer rechten Seite befindet sich ein Pferdekopf samt Zaumzeug, zur Linken ist der ebenfalls in Weiß gemalte Kopf eines Greifen (mythisches Mischwesen aus Löwe und Adler) zu sehen.
Die Vase zählt zur Gattung der sog. "Kertscher Keramik", benannt nach ihrem maßgeblichem Fundort im Gebiet der antiken Stadt Pantikapaion auf der Krim (dem heutigen Kertsch in der Ukraine), ursprünglich eine griechische Kolonie, die im 5. Jh. v. Chr. zur Hauptstadt des Bosporanischen Reiches wird. Dort verschmelzen in der Folge einheimisch-skythische und griechische Kultur miteinander. Im 4. Jh. v. Chr. wird das Bosporanische Reich zu einem der wichtigsten Getreidelieferanten Athens, das im Gegenzug vor allem Keramik dorthin exportiert.
Die Bemalung dieser Export-Vasen spiegelt die teils fantastischen Vorstellungen der Athener von diesem Gebiet wider: Angeblich leben nicht unweit der Krimhalbinsel die sagenhaften Greifen, die ihr Gold vor dem Volk der einäugigen Arimaspen beschützen. Bei der dargestellten Frau muss es sich offenbar um eine nicht benennbare, lokale Göttin handeln. Bekannt ist für diesen Bereich zumindest die Verehrung einer "Großen Göttin" wie auch der griechische Geschichtsschreiber Herodot (5. Jh. v. Chr.) zu berichten weiß.