Wie das Kopffragment eines Engels (Inv. Nr. 2/94) stammt die Engelsfigur von einem Bildhauer aus dem Kreis jener Künstler, die Herzog Johann von Berry, einer der großen Mäzene der Epoche um 1400, in Bourges, Paris und anderswo um sich geschart hatte. Die Herkunft des Steins verweist auf einen Auftrag im westlichen Frankreich, im Poitou. Mit der Tour de Maubergeon in Poitiers ist dort noch heute eine vom Herzog errichtete und mit Figurenschmuck ausgestattete Residenz erhalten.
Trotz der Zerstörung und des Verlusts der unteren Partie mit dem heute gänzlich fehlenden Satan bleibt die figurale Erscheinung, die sehr konzentriert und verhalten dargebotene Anspannung der zunächst kaum merklich zurückweichenden, dann sich nach vorn beugenden Gestalt, von eindrucksvoller Wirkung. In der weichen, stofflichen Verlebendigung und nuancierend verfahrenden Modellierung der Gesichtsoberfläche – in den ausdrucksvollen Stirnfalten oberhalb der Nasenwurzel spiegelt sich Anstrengung wider – verrät sich der Einfluss eines naturalistischen Empfindens, das gerade um 1400 von Herzog Johann in Auftrag gegebene Werke auszeichnet.
Angaben zur Herkunft:
Westfranzösischer Bildhauer im Dienst des Herzogs von Berry (Schaffenszeit: um 1400), Bildhauer
um 1400
Entstehungsort stilistisch: Westfrankreich