Wie ein kostbares Kleinod ist ein kleines, mit geprägtem Lederbezug reich verziertes Klappetui gestaltet, das geöffnet den Blick auf ein sorgfältig gerahmtes Portraitfoto eines Mannes mit Kind freigibt: eine "Ambrotypie". Das der Ambrotypie zugrunde liegende, Anfang der 1850er Jahre erfundene "Nasse Kollodiumverfahren" ermöglichte die Herstellung von scharfen Fotografien mit sehr kurzer Belichtungszeit. Als Ergebnis entstand ein Glasnegativ, das mit einer schwarzen Schicht unterlegt wurde, damit das Bild beim Betrachten positiv erscheint.
Bei dem portraitierten Mann handelt es sich um den Diezer Apotheker Adolf Carl Emanuel Wuth (16.02.1822-05.07.1876), der seinen Sohn Hermann (31.07.1850-26.07.1902) auf dem Schoß hält. Dem Alter des Knaben nach muss das Portrait um 1853 entstanden sein. Es ist damit die wohl älteste Diezer Fotografie.
Auf dem Abbild sind - wie auf den noch am Biedermeier orientierten Portraits dieser Zeit - nur die Personen zu sehen, reduziert auf den Oberkörper, eingefasst in einen engen, ansonsten leeren Bildausschnitt. Es gibt keinerlei Gegenstände oder Attribute, die Kleidung ist fast einfarbig dunkel, und statt eines erkennbaren Raumes zeigt das Foto hinter den Personen nur eine hellgraue Fläche. Dadurch wird die Aufmerksamkeit beim Betrachten auf den Ausdruck der Gesichter und der Hände konzentriert; die Portraitierten selbst und ihre Physiognomie dominieren das Bild.