Diese Nachbildung eines gotischen Schnabelschuhs gelangte 2018 in die Weißenfelser Sammlung. Sie stammt aus dem Schuhmacher-Museum Ladbergen im Münsterland, welches 1996 durch den Schuhmachermeister Fritz Lubahn gegründet worden war und von ihm 2017 aus Altersgründen aufgegeben wurde.
Es ist anzunehmen, dass das handgenähte Exemplar von Fritz Lubahn selbst hergestellt wurde.
Hier wurde einer der beiden mittelalterlichen Schuhgrundtypen nachgebildet, welche sich in Europa seit dem 12. Jahrhunderts herausgebildet hatten - der von Adel, Klerus und Patriziern getragene, aus dem Spitzschuh hervorgegangene Schnabelschuh.
Er stellte einen der frühen Auswüchse der Mode dar, wurde doch der Schnabel im Laufe der Zeit so lang, dass er aufwärts gebogen oder seine Spitze mit Schnüren oder Kettchen an der Ristlasche oder an der Wade befestigt werden musste, um überhaupt noch gehen zu können und die Spitze dem Straßenschmutz zu entziehen.
Der Schuhtyp wurde vermutlich von den Kreuzrittern mit nach Europa gebracht, gleiches gilt für die für den Straßengebrauch zugehörigen hölzernen Trippen.
Anfangs allein dem Adel vorbehalten, gelangte die neue Mode auch bei Patriziern und schließlich den anderen Ständen zu großer Beliebtheit, so dass sich die Obrigkleit genötigt sah, zur sichtbaren Wahrung der Standesunterschiede die für die einzelnen Stände erlaubte Schnabellänge zu reglementieren.
Gegen Ende des 15. Jahrhunderts kam der Schuh aus der Mode.
Die aus braun eingefärbtem Glattleder gefertigte Nachbildung dieses ungefütterten Schuhs besteht aus einem einteiligen Schaft mit einer angeschnittenen, langen Lasche. Eine zur Stabilisierung der Fersenpartie eingelegte lederne Hinterkappe wurde mit hellem Zwirn in groben Steppstichen mit dem Schaft vernäht.
Entlang der Sohlenkanten finden sich vorgestochene Löcher, die offenbar von der Befestigung der Laufsohle auf dem Leisten stammen.
Der Schuh wurde gewendet gearbeitet und die nach innen umgelegten Schaftkanten am recht flachen Einstechdamm der sehr starken ledernen Sohle vernäht, so dass die Naht in der der Sohle verläuft und daher nach dem Wenden auf der Lauffläche nicht sichtbar ist. Die Abdrücke des Zwirns sind jedoch erkennbar.
Lediglich die vordere Spitzenpartie wurde mit überwendlichen Stichen sichtbar vernäht.