Die scheibenförmigen Ornamentplatten verzierten einst Buchdeckel oder Reliquienkästchen. Limoges in Südfrankreich war seit dem 12. Jh. auf Grubenschmelz-Email spezialisiert, das besonders im 13. Jh. die europäischen Kirchenschätze bereicherte. Zwischen erhöhten Begrenzungsstegen, die durch Ausheben flacher Gruben entstanden, wurde pulverförmig verriebene, farbige Glasmasse eingeschmolzen. Die Feuervergoldung der Stege und übrigen Kupferflächen erfolgte durch Aufbrennen eines Gemenges von Gold und Quecksilber. Motivisch stehen die Schmuckplatten in romanischer Tradition, in der die Tier- und Rankornamente der illuminierten Handschriften Architektur und Kirchengerät überziehen. Kein Wesen existiert ohne symbolische Bedeutung. Eigenschaften und Verhalten werden in rührend naiver Allegorik mit beispielhafter christlicher Lebensführung oder mit Christus selbst gleichgesetzt. So auch die Mirabilia, Fabelwesen, die als fester Bestandteil des Bildungsgutes zusammen mit realen Tieren in enzyklopädischen, naturkundlichen und geographischen Werken beschrieben werden. Das bekannteste und beliebteste Bestiarium ist der auf spätantike Verfasser zurückgehende "Physiologus". Danach verwischt der Löwe, der andernorts auch negativ konnotiert sein kann, mit seiner Schwanzquaste seine Spuren - Sinnbild des unerkannt unter Menschen weilenden Heilands. Der Drache stellt wie das harpyienähnliche Mischwesen aus Affe, Mensch, Vogel, Raubkatze und Fisch das Böse, Schuldhaftigkeit, Kräfte der Hölle dar.
I. K.