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Material/Technique
Stahl, Messing, Zinn, Gewichte: Blei mit Messing ummantelt an Stahlseilen
Das aus vier trapezförmig zulaufenden Eisenstangen konstruierte Gestell, das unten durch Querstreben verstärkt ist, trägt im oberen Bereich das Uhrwerk mit dem Zifferblatt sowie die Aufhängung für das Rostpendel. Vorhanden ist heute nur noch das Zifferblatt aus englischem Zinn, das in den Sitzungssaal der Akademie zeigte. Die ehemals zugehörige Lünette mit Verglasung ging verloren, jedoch sind an der Blindplatine noch die Befestigungslöcher für die Scharniere zu erkennen. Das zweite, größere Zifferblatt aus transparentem Glas, das an der Außenseite des Akademiefensters angebracht und nachts beleuchtet war, zerbrach beim Ausbau der Uhr 1903 und ist verloren (siehe untenstehender Link: Hauptportal des alten Akademiegebäudes, Unter den Linden).
Das viereckige Vollplatinenwerk aus Messing (H: 31,1 cm; B: 32,2 cm; Werkpfeiler-H: 12,2 cm; Platinenstärke: 0,44 cm; Werkpfeiler mit verdickter Mitte und Ansätzen zu den Platinen, genauso gestaltet wie die Pfeiler zwischen Blind- und Vorderplatine) ist mit einem Achttagegehwerk, Scherenhemmung sowie einem Kompensationsrostpendel mit Pendelfeder ausgestattet. Das Pendel besteht aus insgesamt neun rostförmig zusammengefügten Stäben: fünf aus Stahl und vier aus Messing. Die Zusammenstellung dieser beiden Metalle führt zu einer Verminderung des Einflusses von Wärme und Kälte auf die Länge des Pendels und damit zu einer sehr hohen Ganggenauigkeit. Die 25 Kilogramm schwere Pendellinse hat einen Durchmesser von 34 cm. Das mit Messing ummantelte Bleigewicht hängt an Stahlseilen.
Eine Blindplatine aus Eisen (D: 52,5 cm) dient als Unterlage für das leicht schüsselförmige Zinn-Zifferblatt (D: 49 cm). Es weist große schwarze römische Stunden-, kleinere arabische Fünfminutenziffern auf, außerdem eine Minuterie mit Strichen – bei den Fünfminuten mit Punkten – sowie ein Aufzugsloch zwischen VIII und IX. Die beiden heute noch vorhandenen, durchbrochen gearbeiteten Zeiger aus vergoldetem Messing für Minuten- und Stundenanzeige sind vermutlich nachträglich zur Sicherung auf schmale Stahlunterlagen genietet.
Dem Angebot Möllingers zum Bau der Uhr sowie den historischen Dokumenten zufolge besaß die Akademieuhr aber ursprünglich an beiden Zifferblättern jeweils vier „Weiser“ zur Angabe der Zeitgleichung (Äquation): einen Stunden-, zwei Minuten- und einen Sekundenzeiger. Damit gab sie sowohl die wahre Zeit nach der Sonnenuhr an, bei der die Sonnenstunden je nach Jahreszeit nicht gleich lang sind, als auch die mittlere Zeit mit 24 gleich langen Stunden. Die von den Astronomen der Königlichen Sternwarte beobachtete und errechnete Zeit übertrug der jeweilige Stadtuhrmacher an jedem Sonntagvormittag auf seine Präzisionstaschenuhr. Mit dieser stellte er zuerst die Akademieuhr und nachfolgend die in seiner Verantwortung liegenden öffentlichen Uhren.
Schon vier Wochen nach der Installation der Akademieuhr im Oktober 1787 häuften sich die Beschwerden der Berliner Bevölkerung. Es kam zu Missverständnissen wegen der doppelten Zeitangabe. Unter Möllingers Protest, der um seinen guten Ruf fürchtete, beugte sich die Akademie dem Unmut der Berliner und entschloss sich dazu, am äußeren Zifferblatt einen Minuten- und den Sekundenzeiger zu entfernen. Somit wurde dort nur noch die wahre Zeit, die damals in Berlin als Richtschnur galt, in Stunden und Minuten angezeigt. Zusätzlich wurde noch eine Sonnenuhr an der Fassade zur Straße Unter den Linden installiert. Am inneren Zifferblatt im Sitzungssaal verblieben die vier Zeiger für die Akademie-Experten. Erst Ende 1810 wurde die Akademieuhr, wie alle Uhren in der Stadt Berlin, auf die mittlere Zeit umgestellt. Am 1. Januar 1811 berichtete Christian Möllinger in der Haude- und Spenerschen Zeitung, dass er an der Akademieuhr doch noch einen besonderen Mechanismus für die Sekundenanzeige hinzugefügt habe: „(…) In dem Augenblicke nämlich, da in dem Innern des Werkes die 3600ste, also die letzte Secunde von der verflossenen Stunde eintritt, fällt plötzlich ein vergoldeter über der Uhr schwebender Flügel auf den Ring über der Spitze des Minutenzeigers nieder, und es zeiget also in diesem Augenblick das Werk, Stunden, Minuten und selbst Secunden der mittleren Zeit an (…).“ Von dieser Einrichtung ist freilich heute nichts mehr vorhanden. Auch sieht man an dem noch verbliebenen Werk äußerlich nicht, wie die beiden zusätzlichen Zeiger montiert gewesen waren. Aufschluss hierüber brächte nur eine gründliche Untersuchung und zu diesem Zweck eine Demontage des Werks. (Franka Görike, Silke Kiesant)