In Nahansicht ist der Kopf eines älteren Mannes mit gelocktem Haar und Vollbart wiedergegeben, der mit zusammengekniffene Lippen und strengem, grimmig-ernsten Gesichtsausdruck konzentriert auf etwas seitwärts Befindliches außerhalb des Bildes blickt. Mit einem nicht näher defninierten Oberteil mit tiefem Halsausschnitt bekleidet, lässt sich darunter der hagere Körper eines gealterten Mannes ausmachen. Es handelt sich um eine lockere Malerei im Charakter einer spontanen Studie. Solche Charakterköpfe alter Menschen ohne eine Zuordnung als Apostel oder Philosoph kamen in der Renaissance auf und erlangten in der holländischen Malerei des 17. Jahrhunderts eine weite Verbreitung. Typisch ist, dass sie eben keinen bestimmten Menschen zeigen wollen, sondern eine im Ungewissen bleibende Historie auch durch Kostümierung unterlegen. Der Blickkontakt zum Betrachter wird meist vermieden. Der Fachterminus "Tronie" ist der niederländische Ausdruck für "Kopf". Hier zeigt sich gleich einem Memento mori das Alter in einer fast karikirenden Weise.
Die Malerei ist unsigniert und undatiert, die Leinwand ist am Rand beschädigt, es gibt Abplätterungen und lose Farbschichten, eine Bruchkante der Farbe im Gesicht und am Hals, Kratzer und lose Farbschichten. Die Leinwand ist rückseitig geflickt. (ib)
Das Gemälde gehört zum Altbestand des Museums.
Literatur:
Vgl. Gottwald, Franziska: Das Tronie : Muster, Studie und Meisterwerk. Die Genese einer Gattung der Malerei vom 15. Jahrhundert bis zu Rembrandt, Berlin 2011, S. 9-17. (Über die Gattung und den Gattungsbegriff) - Hirschfelder, Dagmar; Krempel, León (Hg.): Tronies. Das Gesicht in der Frühen Neuzeit, Berlin 2014 (mit zahlreichen Abbildungsbeispielen).