Wie Kulissen wirken viele Stadtansichten in den Gemälden von Wunderwald, so auch jene der Johannastraße in Spandau, auf der ein einsamer Radfahrer die mit niedrigen, einfachen Häusern und freien Flächen gesäumte Kopfsteinpflasterstraße entlangfährt. Spandau war erst 1920 mit dem Gesetz über die Bildung Groß-Berlins eingemeindet worden. Vorstädtisch wirkt hier die Szenerie. Das Bild ist in einer zurückgenommenen, vorfrühlingshaft graublauen Farbigkeit gehalten, zwei kahle Bäume beleben die Ecke zur Amalienhofstraße ein wenig. Paul Westheim feierte Wunderwald 1927 in einem Artikel im „Kunstblatt“ als Entdeckung, er lobte die Finesse, mit der der Maler „die Spröde, die Un-Menschlichkeit, das kaltschnäuzig Sachliche dieser sachlichsten aller europäischen Großstädte“ darstellte (zit. nach Gustav Wunderwald. Gemälde, Handzeichnungen, Bühnenbilder, Ausst. Kat., Berlin [West]/Albstadt, 1982, S. 112). Gleichermaßen hob er Wunderwalds kompositorisches Geschick hervor, die Eindringlichkeit und Intimität seiner Beobachtungsgabe, die sich in einer klaren, ausgewogenen Flächengestaltung und bereichernden, belebenden Farbigkeit äußerten. | Maike Steinkamp