Das Visitfoto, gefertigt von dem hannoverschen Fotografen Eugen Lulves, zeigt den jungen Arzt Dr. Louis Kugelmann (1828-1902). Er stammte aus einer jüdischen Kaufmannsfamilie in Lemförde. Nach kaufmännischer Lehre arbeitete er zunächst in Köln und Düsseldorf, wo er während der Revolution 1848/49 in Kontakt zum „Bund der Kommunisten“ kam.
Anschließend folgte er seinem ursprünglichen Wunsch und studierte Medizin. 1855 ließ er sich in Hannover als Gynäkologe nieder und galt bald als überregional anerkannter Facharzt. Daneben war Kugelmann als Kassenarzt tätig, u.a. bei der Mechanischen Weberei in Linden. Aus dieser Position verdrängte ihn der hannoversche Polizeidirektor Wermuth wegen seiner politischen Haltung.
Bekannt wurde Kugelmann aber durch seine Verbindung zu Karl Marx. Von 1862 bis 1875 pflegte er einen Briefwechsel mit Marx. Kugelmann war ein wichtiger Diskussionspartner und setzte sich intensiv für die Verbreitung von Marx‘ Schriften ein. Zweimal besuchte Marx seinen Freund in Hannover. Die später veröffentlichten „Briefe an Kugelmann“ gelten als wichtige Quelle zum Verständnis Marx’scher Positionen.
Obwohl Kugelmann, nachdem er sich 1874 mit Marx entzweit hatte, weiter in Kontakt mit Engels und führenden Sozialdemokraten stand, war er in Hannover politisch isoliert. Hier stand die Arbeiterbewegung dem Marxismus skeptisch gegenüber. Es war sicher für ihn eine Genugtuung, als er anlässlich des SPD-Parteitages in Hannover 1899 von Bebel und Liebknecht besucht wurde. Wenige Jahre später starb Kugelmann, sein Grab auf dem jüdischen Friedhof An der Strangriede ist bis heute erhalten.
[AF]