1770 erwarb Carl Friedrich Lüdicke, Sohn des Berliner Fayence-Manufakturbesitzers Carl Heinrich Lüdicke, die Rheinsberger Produktionsstätte und führte dort die in Berlin bereits bewährten Dekore in Variation fort (vgl. Mauter/Peibst, Barock-Fayencen, 1994, S. 96-98; Peibst, Berlin-Brandenburgische Fayencen o. J., S. 20; Stengel, Berliner Fayencen, o. J., S. 15–19). Neben figürlichen Szenen gehörten u. a. Pilastergliederungen mit floral hinterlegten Reserven, die bereits Johann Gottlieb Menicus in Berlin und Johann Carl Heinrich in Frankfurt (Oder) nach Erfurter Vorbild hergestellt hatten, zum Programm. In der Berliner Manufaktur Lüdicke, die der Sohn nach dem Tod seines Vaters noch für einige Jahre weiterführte, wurden diese Dekore ebenfalls produziert. Dieser Walzenkrug ist auf der Standfläche mit „LB“ bezeichnet, d. h. Lüdicke Berlin. Die Marke war nach Verfügung der kurmärkischen Regierung ab 1771 zwingend zu führen (Mauter/Peibst, Barock-Fayencen, 1994, S. 95). Bis vor wenigen Jahren wurde der Krug wohl nach irrtümlicher Lesart von „LB“ als „LR[heinsberg]“ noch als Erzeugnis der Rheinsberger Manufaktur im Potsdam Museum gelistet. Ein formal ähnlich dekorierter, in Variation manganjaspierter Walzenkrug aus der Rheinsberger Manufaktur wurde 1922 als Leihgabe von Paul Heiland im Berliner Schlossmuseum präsentiert und auch publiziert (Falke, Altberliner Fayencen, 1923, Abb. 53f; 1925 als Teil eines großen Konvoluts an das Märkische Museum verkauft; Peibst, Berlin-Brandenburgische Fayencen, o. J., Einleitungstext). Der Krug wurde möglicherweise von Paul Heiland für das Städtische Museum Potsdam erworben oder stammt aus seinem Nachlass. Da die Beschreibung der infrage kommenden Erwerbung aus dem Jahr 1917 im Hausarchiv des Potsdam Museums nicht weiterreicht, könnte es sich auch um den wohl aus der Manufaktur Menicus stammenden Maßkrug 78-41-FA oder 78-42-FA handeln. Der Krug war u. a. Teil der 1955 im ehem. Marstall ausgerichteten Ausstellung „Potsdamer Gläser und Fayencen“ und der stadthistorischen Dauerausstellung „Geschichte der Stadt von 993 bis 1900“ (1984–1995) in der Wilhelm-Külz-Str. 13 (Breite Straße 13, heute Naturkundemuseum). Derzeit befindet er sich in der Ständigen Ausstellung „Potsdam. Eine Stadt macht Geschichte“ im Potsdam Museum. [Uta Kumlehn]