Der aus einer Künstlerfamilie stammende belgische Maler Eugène Joseph Verboeckhoven nahm seit 1820 erfolgreich an Ausstellungen der Salons von Gent, Brüssel und Paris teil. In den 1830er Jahren eröffnete er ein eigenes Atelier und bildete Schüler aus, ab 1845 unterrichtete er an der Brüsseler Akademie. Er beteiligte sich 1830 am belgischen Unabhängigkeitskampf und wurde Gründungsdirektor der Brüsseler Museen für schöne Künste.
Verboeckhoven schuf hauptsächlich holländischen Meistern des 17. Jahrhunderts nachempfundene Tierstücke. Er war damit überaus erfolgreich und verkaufte die Werke in Europa und nach Übersee. Seine anatomisch präzisen, sich durch leuchtende Farben und eine elegante glatte Malweise auszeichnenden Kompositionen bereitete er mit diversen Studien und Skizzen sorgfältig vor. Verboeckhoven unternahm zahlreiche Reisen, die ihn unter anderem 1841/42 nach Italien führten. 1846 entstand das Gemälde »Schäfer bei Tivoli«, das der seit den 1840er Jahren belgische Gemälde sammelnde Bankier Joachim Heinrich Wilhelm Wagener neben zwei weiteren Werken vom Künstler erwarb (Nationalgalerie, Inv.-Nr. W.S. 242 und W.S. 243). Vor dem Hintergrund der Landschaft bei Tivoli sucht ein Hirte seine Schaf- und Ziegenherde vor einem aufkommenden Unwetter unter einem rechts oben angedeuteten Felsvorsprung in Sicherheit zu bringen. Die Tiere stürmen hastig eine Anhöhe hinauf, wirbelnde Staubwolken verstärken die Dramatik. Links im Hintergrund sind Wasserfälle und die Villa des Maecenas zu sehen. Wagener zeigte das Bild auf der Berliner Akademieausstellung. In einem Brief vom 6. Oktober 1846 an Verboeckhoven berichtete er, die Kritiker hätten dessen Bild sehr gelobt, einen entsprechenden Zeitungsausschnitt legte er nebst Übersetzung seinem Schreiben bei (SMB-ZA, IV/NL Wagener, Künstlerbriefe) . | Birgit Verwiebe