Es waren nicht die Sehenswürdigkeiten Berlins, die der aus dem Industrievorort Köln-Kalk stammende Wunderwald in seinen Gemälden festhielt. An seinen Freund, den Schriftsteller Wilhelm Schmidtbonn, schrieb er im Dezember 1926: „Die tristesten Dinge haben es mir angetan und liegen mir im Magen, Moabit und der Wedding packen mich am meisten, diese interessante Nüchternheit und Trostlosigkeit“ (Hildegard Reinhardt [Hrsg.], Wilhelm Schmidtbonn und Gustav Wunderwald. Dokumente einer Freundschaft, 1908–1929, Bonn 1980, S. 86). In seinem Bild „Am Wedding“ legte Wunderwald das Augenmerk auf einige großformatige Reklameanzeigen, die auf die Brandmauern der mehrgeschossigen Mietshäuser gemalt und seinerzeit in Berlin allgegenwärtig waren. Während rechts die 1924 entwickelte Margarine „Schwan im Blauband“ wie ein Geschenk im rechteckigen Päckchen auf rotem Grund und mit blauem wehendem Band angepriesen wird, sieht man auf der linken Wand eine Schriftanzeige des Berliner Berufskleidungsgeschäfts „Kohnen & Jöring“. Zwei weitere Werbungen sind bis zur Unleserlichkeit verwittert. Auf dem unbebauten Grundstück im Vordergrund findet der reale Handel statt, dort stehen zwei einfache Baracken einer Holzhandlung. Vermutlich zeigt die Ansicht eine Gegend in der Nähe des S-Bahnhofs Gesundbrunnen im Wedding. | Maike Steinkamp