Warum ist in der Straße ›Rodelberg‹ heute kein Berg weit und breit zu sehen? In dieser Objektgeschichte erzählt Carsten Gebhardt, wie aus einem künstlich aufgeschütteten Berg in Kleinmachnow ein Rodelberg wurde und wie dieser Ende der 1960er Jahre wieder verschwand. Heute erinnert nur noch der Straßenname an ihn.
Dazu stellte Carsten Gebhardt dem Museum einen Schmalfilm aus dem Jahr 1963 zur Verfügung, der ihn als Jungen beim Skifahren auf dem Rodelberg zeigt. Für die künftige Museumssammlung wurde der Film digitalisiert und ist hier in Gänze zu anzuschauen (Klick auf das Symbol). Zudem beschreibt Carsten Gebhardt, der die Aufnahmen nun seit vielen Jahren erstmals wieder sah, was im Film zu sehen ist.
»Der Rodelberg war in meiner Erinnerung recht hoch. Stand man ganz oben, konnte man von dort den oberen Teil des Fernsehturms auf dem Schäferberg sehen. Für uns war das der ›Wannseeturm‹, von dem wir wussten, dass er das ›Westfernsehen‹ abstrahlte. Und das mit einer Feldstärke, die es den meisten Kleinmachnowern ermöglichte, ohne großen Aufwand durch Antennen die ›Westsender‹ zu empfangen.
Möglicherweise entstand der Berg aus dem Erdreich der vielen Kelleraushübe, als das Gebiet dort bebaut wurde. Dort war ja Platz, das Material einfach abzukippen. Durch den Film habe ich auch wieder gesehen, dass der Berg teilweise bewachsen war. Die Pflanzen, die dort wuchsen, waren ja schon entsprechend alt. Das könnte also von der Zeit her passen.
Der Film ist 1963 wenige Tage nach Weihnachten entstanden. Das Weihnachtsgeschenk bestand aus den Skiern, einer Art Lehrbuch für erste Grundübungen und aus einem vollständigen Sortiment Skiwachs. Die Ski damals waren aus Holz, und die Laufflächen waren nicht beschichtet. Die mussten vor jedem Ausflug gewachst werden. Die Außentemperatur und damit der Zustand des Schnees bestimmten die Sorte des Wachses.
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erste Gewöhnungsübungen – alles nach dem Buch
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noch keine speziellen Skistiefel, sondern die normalen Winterschuhe. Daher muss das Seil der
Skibindung so hoch gezogen werden. Die richtigen Skistiefel gab es später.
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erste Gleitübungen (streng nach Buch), meine Schwester ist zu sehen
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unsere Mutter fängt uns auf
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zurück nach Hause, in die Sackgasse, die zu ›Weg ins Feld‹ gehört. Das Haus mit der
Fernsehantenne ist unser Zuhause, ›Weg ins Feld‹ 39
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die Ski werden gewachst (s.o.)
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auf dem Weg zum Rodelberg
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an der steilen Seite des Rodelberges, aber nicht die volle Höhe, da hatte ich noch Angst
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der Kreuzlattenzaun, der schon anzeigt, dass hier eine andere Nutzung geplant ist (Militär) – vorher gab es überhaupt keinen Zaun
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ein Element aus dem Lehrbuch, die 180° Wende
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die nördliche Flanke des Berges, zum ›Heidefeld‹/›Heidereiterweg‹ hin, erkenne ich an dem
Krüppelbaum, eine kurze Abfahrt
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meine Schwester
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der Weg nach Hause war ungefährlich, wir hatten nur zwei Nebenstraßen zu queren
Der Rodelberg hatte eine längliche Ausdehnung (ganz grob von Südwest nach Nordost) und lag fast so, wie sich heute die Straße ›Rodelberg‹ durch das Gebiet zwischen ›Heidefeld‹ im Norden und ›Hohe Kiefer‹ im Süden zieht. ›Hohe Kiefer‹ hieß damals ›Leninallee‹. Das Gebiet zwischen ›Heidefeld‹ und ›Leninallee‹ war damals gänzlich unbebaut. Es gab Sträucher, ein paar Bäume und Sandflächen, und eben den Berg.« (Carsten Gebhardt, Kleinmachnow)
Wenige Jahre nach den Aufnahmen wurde der Berg abgetragen, als hier gebaut wurde. In den Gebäuden wurden Grenztruppen untergebracht. Nun militärisches Gebiet, war das Gelände für viele Jahre abgesperrt. Nach der Auflösung des Kleinmachnower Grenzregiments entstanden in den Gebäuden Wohnungen und der ›Rodelberg‹ ist seitdem wieder für alle zugänglich – nur der Berg selbst ist heute nicht mehr zu sehen.