Schon frühzeitig empfing Johann David Passavant künstlerische Anregungen, er sammelte Kupferstiche und nahm Zeichenunterricht. Mit Franz Pforr verband ihn seit Kindheitstagen eine enge Freundschaft. Nach einer Lehre in Paris bei Jacques-Louis David und Antoine-Jean Gros zog er 1817 für sieben Jahre nach Rom. Dort studierte er die italienischen Meister und schloß sich dem Kreis der Nazarener an. Mit seiner 1820 erschienenen Schrift »Ansichten über die bildenden Künste« setzte er sich für deren Kunstanschauungen ein. Unter dem Einfluß Carl Friedrich von Rumohrs und Johann Friedrich Böhmers entwickelte sich Passavant in Italien vom Künstler zum Gelehrten. 1824 kehrte er nach Frankfurt zurück und begann seine Forschungen zu Raffael, die ihn in den folgenden zehn Jahren beanspruchten. 1840 wurde er Direktor des Städelschen Kunstinstituts.
In den ersten Jahren seines Romaufenthaltes schuf Passavant einige nazarenisch geprägte, stark umrißbetonte, etwas steif wirkende Gemälde, darunter die »Heimsuchung« (Nationalgalerie, Inv.-Nr. A II 422). Dargestellt ist die im Lukasevangelium beschriebene Begegnung der beiden schwangeren Frauen Maria und Elisabeth (Lk 1, 39–55). Der Bibeltext ist in den gerahmten Wandfeldern der Mauerbrüstung zu lesen. Darüber ein von Säulen getragener Rundbogen, der Ausblick in eine bergige Landschaft gewährt. Das ebenfalls in Passavants römischen Jahren gemalte formatgleiche Werk »Jesus mit der Samariterin« (Nationalgalerie, Inv.-Nr. A II 421) ist jener Szene im Johannesevangelium gewidmet, in der Jesus am Jakobsbrunnen bei Sichar in Samarien eine Einheimische traf (Joh 4, 1–43). Die Begegnung hatte zur Folge, daß die Samariterin fortan dem Christentum anhing und schließlich für ihren Glauben als Märtyrerin starb. | Birgit Verwiebe