Seit seiner Jugend hat sich Würtenberger vor allem mit der Porträtmalerei beschäftigt. Er folgte verschiedenen Vorbildern wie Böcklin und Hodler, impressionistische Tendenzen lehnte er ab. So erhielt er schon als Student in München, einer entsprechenden Kritik des Lehrers folgend, den Spitznamen „der Porträtmaler vom Lande“. (Ernst Würtenberger, Das Werden eines Malers, Heidelberg 1936, S. 125) Seine Zeit als Meisterschüler in Karlsruhe resultierte Ferdinand Keller: „Nun zum Abschied, Herr Würtenberger, meine Meinung über Ihr Schaffen: Porträtieren können Sie! Das Philisterporträt gelingt Ihnen sogar ausgezeichnet.“ (S. 163) Nach seiner Niederlassung in Zürich wandte sich Würtenberger intensiv der Holzschnittkunst zu, das wirkte auf die Komposition seiner Bilder zurück. Zudem erprobte er für sich die traditionelle Technik der Untermalung neu, er entwickelte eine Schichtenmalerei mit transparenten Farben über dem durchscheinenden Grund. „Und das Verblüffende dabei war, daß die Bilder viel mehr Natur zu sein schienen als die früheren, wo ich in den Tönen mich zu sehr an die Natur gehalten hatte, und daß ich Bilder vom zartesten Grau zu des sattesten Tönen malen konnte.“ (S. 179)
Würtenberger hat mit dieser Technik die Lebensspuren an Kopf und Händen der hier dargestellten alten Dame suggestiv und nüchtern erfaßt. Die Falten des Kleides, der Puffärmel und des weiten Rockes erscheinen hart, wie geschnitzt. Der Stoff des dunklen und dennoch farbig schillernden Kleides ist ein kostbares Stück Malerei. | Angelika Wesenberg