Im Œuvre von John Constable, dem Sohn eines wohlhabenden Händlers und Mühlenbesitzers, findet sich das Motiv der Mühle überaus häufig. Auch das väterliche Anwesen mit Schleuse und Mühle in Dedham (»Dedham Lock and Mill«) stellte er, allerdings erst nach dem Tod des Vaters 1816, mehrfach dar. Das Berliner Bild einer »Mühle am Flusse Stour« ähnelt stilistisch den um 1819/20 entstandenen Ansichten der väterlichen Mühle in Dedham.
Dennoch wurde die Eigenhändigkeit des Werkes vom Verfasser des Werkverzeichnisses, Graham Reynolds, Victoria and Albert Museum, London, in Zweifel gezogen, da die Malweise Merkmale sowohl des frühen wie des späten Stils Constables aufweist (vgl. Nationalgalerie, Verzeichnis der Gemälde und Skulpturen des 19. Jahrhunderts, Berlin 1976, S. 431–432). Einerseits zeigt sich die verhaltene Farbnuancierung der Frühzeit, die die Komposition im zusammenfassenden Farbklang der Töne zu vereinheitlichen sucht. Andererseits begegnet uns die flüchtig skizzierende Pinselführung, die der Landschaftsszenerie den Ausdruck spontaner Unmittelbarkeit verleiht und deren malerische Fleckenstruktur impressionistische Stilmittel vorwegzunehmen scheint. Hugo von Tschudi hielt das Bild, das er in seinem ersten Amtsjahr als Direktor der Nationalgalerie erwarb, für eine der »ersten modernen Landschaften« (SMB-ZA, I/NG 992, Journal-Nr. 1896/1288). | Gerd-Helge Vogel