Der Maler Albert Franz Seligmann war der Sohn des ersten Wiener Professors für Medizingeschichte Franz Romeo Seligmann und Freund mit dem Chirurgen Theodor Billroth befreundet. Billroth zählte aufgrund seiner Leistungen auf dem Gebiet der Magen-, Bauch- und Kehlkopfchirurgie zu den berühmtesten Chirurgen dieser Epoche. Das Ölgemälde entstand 1888-1890 und hing unter der laufenden Nummer 1164 im Münchner Glaspalast in der Jahresausstellung 1890. Die schwarz-weiße Reproduktion des Gemäldes entstand um die Jahrhundertwende. Im Mittelpunkt steht hier die eindrucksvolle weißbärtige Gestalt des Chirurgen, umgeben von weiß gekleideten Assistenten und schwarz gekleideten Zuhörern in den ansteigenden Bankreihen hinter ihm.
Die weiße Instrumentenvitrine wirkt wie ein Altar, Wissenschaftler und Ärzte erscheinen hier als Kleriker eines neuen Kultes. Im farbigen Original verstärkt sich der Eindruck noch durch das leuchtende Goldgelb von Billroths Schürze, die den wirksamsten Akzent in der ansonsten schwarz-weißen Farbgebung liefert.
Seligmann hat den Hörsaal im ersten Stock des Allgemeinen Krankenhauses in Wien detailgetreu wiedergegeben. Auch im Publikum und unter Billroths Assistenten sind mehrere historische Personen erkennbar festgehalten:
In der ersten Bankreihe beispielsweise (3. v.l.) sitzt der spätere Augenarzt Carl Theodor Herzog in Bayern (1839-1909), der Bruder der damaligen österreichischen Kaiserin Elisabeth. Ganz rechts in der ersten Reihe sehen wir den Künstler selbst über eine Skizze gebeugt.