Von August Kestner wurde dieses Statuenfragment offensichtlich als das wichtigste Stück seiner ägyptischen Sammlung angesehen, denn er hat es in seinem Salon, direkt in der Mitte der Längswand unter seiner eigenen Büste aufstellen lassen.
Nicht nur dank seiner erhaltenen Bemalung handelt es sich in der Tat um ein ganz besonderes Stück. Ursprünglich wurde es in der Regierungszeit von Amenhotep III. für eine heute unbekannte Persönlichkeit als Grabstatue angefertigt. Über 220 Jahre später wurde es von dem Priester Kinebu „übernommen“, der es in seinem Namen und dem seiner Frau, der Amun-Sängerin Isis, neu beschriften ließ. Dadurch dass wir auch das Grab von Kinebu in der Nekropole von Theben-West kennen und dank entsprechender Beschriftung wissen, dass es im ersten Regierungsjahr von Ramses VIII. fertiggestellt worden ist, können wir diese Neubeschriftung beinahe genau auf das Jahr 1130 v. Chr. datieren. Obwohl solche „Übernahmen“ älterer Monumente durchaus geläufig waren, ist an der Statue von Kinebu jedoch ein außergewöhnliches Phänomen zu konstatieren: Mit der Neubeschriftung ließ Kinebu auch die Kleidung seines Vorgängers umarbeiten. Offensichtlich wollte er sich in aktuellerer Mode darstellen lassen – der einzige bis dato bekannte Beleg für „Modebewusstsein“ im Alten Ägypten! (CEL)
Ehem. Sammlung August Kestner, Rom