Die außergewöhnliche Kaminuhr, an der alle Details in hoher Qualität gefertigt wurden, zeugt von der großartigen Fertigkeit der Berliner Künstler und Kunsthandwerker. Sie zählt zu den erstklassigen Luxuswaren, die Ende des 18. Jahrhunderts in Berlin gefertigt wurden. Um 1780 werden die vorzüglichen Arbeiten einiger künstlerischer Gelbgießer und Gürtler, darunter Ravené, gerühmt. Es hieß, ihre Kunstfertigkeit überträfe zuweilen die der Gold- und Silberschmiede. Auch das Uhrwerk zeugt von technischer Raffinesse, Geh- und Schlagwerk werden von nur einer Feder getrieben, denn das Gehäuse bietet wenig Platz für das Werk, das allen technischen Anforderungen gerecht werden musste. Hervorzuheben sind die in horizontaler Lage angelegten Ziffernringe, unten für die Stunden, darüber für die Minuten, die in Fünferschritten sich weiter bewegen. Um 1780 finden sich häufig Uhren, die von einem Säulenstumpf getragen werden, oft reich verziert mit Blättern und Blumengirlanden. Der französische Einfluss wird hier deutlich sichtbar.
Die Hugenotten-Familie Ravené kam nach dem Edikt von Potsdam (1685) um 1700 aus Lothringen (Metz) nach Berlin. Die später weit verzweigte Familie etablierte sich hier rasch. Ab etwa 1750 betrieb Pierre Ravené eine kleine Gelbgießerei und konnte sich schließlich in der Jägerstraße 55 ein eigenes Haus leisten. Dort soll die erfolgreiche Firmengeschichte der Ravenés ihren Anfang genommen haben. Am 20. August 1745 hatte er die in Prenzlau/Uckermark geborene Susanne Gossorgue geheiratet. Aus dieser Ehe gingen vier Kinder hervor, die Söhne Isaak, Jacob und Jacques und die Tochter Marie Louise. Der älteste Sohn Isaak war Hof-Ziseleur, Doreur (Vergolder) und Fondeur (Gießer), später Obermeister der Innung und wurde vom König zum Akademischen Künstler ernannt. Sein Sohn David (1781-1843) wurde Gelbgießer und Bronzeur. 1797 wurde Pierre Ravené Mitglied der Akademie der Künste zu Berlin. Sein drittgeborener Sohn Jacques (1757-1812) erlernte den Beruf eines Uhrmachers und erwarb den Titel eines Hofuhrmachers. Nach dem Tod seines Vaters Pierre Ravené (1798) wohnte er im oben genannten Elternhaus. 1801 wird er im Berliner Adressbuch als Uhrmacher erwähnt. Das Haus in der Jägerstr. 55 wird auch als Wohnsitz und Firmensitz weiterer Familienmitglieder der Ravenés bezeichnet. Man hatte alles unter einem Dach, den Uhrmacher, den Bronzeur, Vergolder, Gelbgießer und Ziseleur. Auch die später berühmte Eisenwarenhandlung hatte dort anfangs ihren Sitz. Die vor der Vergoldung des Gehäuses eingestempelte Signatur verweist auf den Hof-Ziseleur Isaak Ravené, der hier vielleicht mit dem Uhrmacher Jacques zusammengearbeitet hat. Spätere, vermutlich in Gemeinschaftsarbeit hergestellte Uhren werden nur mit „Ravené“ signiert. Erhalten sind auch Taschenuhren mit der Signatur „Ravené“. Da Jacques Ravené, der Uhrmacher, 1812 verstarb, ist anzunehmen, dass Uhren aus der Mitte des 19. Jahrhunderts, die häufig anzutreffen sind, die auch die Signatur tragen, wohl eingekauft unter ihrem Namen verkauft wurden. Der Name Ravené bedeutete Qualität.
Leider wissen wir nichts über die Geschichte dieser Uhr. Vermutlich gehörte sie einer großbürgerlichen Familie, oder sie zierte einen höfischen Raum. Viele Jahre wurde sie im Schloss Friedrichsfelde, einer ehemaligen Dependance des Stadtmuseums Berlin, ausgestellt. 1966 konnte sie durch eine Spende der Industriebank beim Kunsthaus Klewer vom Berlin-Museum erworben werden. (Marina de Fümel)