Mit erhobenem Kommandostab befehligt Kurfürst Friedrich Wilhelm auf einem Schimmel die Ankunft und Aufstellung seiner Truppen auf der Insel Rügen. Rechts ist noch die kurfürstliche Jacht zu sehen, mit der er kurz zuvor in Begleitung des Kurprinzen Friedrich und des Feldmarschalls Georg von Derfflinger angelandet war. Hinter der auf der Landzunge postierten Offiziersgruppe sieht man in einer Bucht die Landung der brandenburgischen Flotte. Dicht beladen mit Soldaten und Pferden nähern sich die Kriegsschiffe der Küste. Sobald sie in seichtem Gewässern angelangt sind, werden Landungsstege ausgerollt, auf denen die Pferde ans Ufer gelangen sollen. Zum Teil ist das Wasser noch zu tief und Pferd und Reiter müssen schwimmen. An Land stellen sich die Truppen in Schlachtordnung auf.
Auch wenn alle diese Szenen nicht gleichzeitig stattfanden, so gibt die Tapisserie recht genau die Geschehnisse in der Bucht von Putbus vom 23. September 1678 wieder, als es für den Kurfürsten darum ging, die Insel Rügen im Bündnis mit Dänemark von den Schweden zurückzuerobern.
Die Tapisserie gehört zu der Folge der „Kriegstaten des Großen Kurfürsten“, die seine ruhmreichen Feldzüge der Jahre 1675 bis 1679 gegen die Schweden ins Zentrum stellt. Der Kurfürst inszeniert sich hier als siegreicher Feldherr, der seine Gebietsansprüche bekräftigt, denn die von ihm eroberten Gebiete Vorpommerns wurden im Frieden von Saint-Germain-en-Laye (1679) im Interesse des europäischen Gleichgewichts wieder Schweden zugesprochen. Bildteppiche galten bis weit ins 18. Jahrhundert hinein als wirkungsvolles Mittel zur Inszenierung fürstlicher Macht.
Die Stadt- und Landschaftsansichten der Hintergründe gehen auf Zeichnungen des Holländers Abraham Jansz Begeijn zurück, der 1688 als kurfürstlich brandenburgischer Hofmaler bestallt wurde. Die Anteile der nachweislich für diese Serie entwerfenden Künstler Rutger von Langenfeld, Paul Carl Leygebe sowie der Gebrüder Jean-Francois und Alexander Casteels sind kaum bestimmbar.
Ursprünglich bestand die Serie aus acht Wandteppichen. Der „Sieg von Warschau“ und die „Eroberung von Anklam“ sind zwischen 1786 und 1891 verlorengegangen. Fünf der sechs erhaltenen Tapisserien befinden sich heute im Schloss Oranienburg.
Susanne Evers