Entstanden ist der lebensgroß in grobporigem Basalt ausgeführte Orang-Utan im Auftrag von Gauls wichtigstem Sammler, Leo Lewin. Nach finanziellen Schwierigkeiten des Auftraggebers gelangte die Figur bereits drei Jahre nach ihrer Entstehung in die Nationalgalerie. Der Bildhauer hatte hier auf eine Komposition aus seinem Frühwerk zurückgegriffen (1895–1897, WVZ Gabler 2007, 23), doch anders als das damals detailliert modellierte zottelige Fell vereinfachte er die Formen auf das Äußerste, die gewählte Materialität unterstützt die Grobheit und Härte des Ausdrucks adäquat. Es ist das letzte Werk Gauls, dessen Gipsmodell er wohl eigenhändig schuf, die Steinausführung konnte jedoch nur noch von seinem Gehilfen Max Esser vollendet werden. Von der Kunstkritik wurde der Orang-Utan gefeiert als ein Werk, mit dem Gaul „sich selbst übertroffen hat und […] eine neue Arbeitsperiode hätte einleiten können“, und als ein endgültiger Beweis dafür, „dass ein Tierbildhauer sowohl nach Seiten des Gehaltes als der Form bis zu echter Monumentalität vorzustossen“ vermöge (Carl Georg Heise, Vom Ewigkeitszug in der Plastik. Zum Gedächtnis des deutschen Tierbildhauers August Gaul, in: Pariser Zeitung, 1.2.1942, S. 5). Gaul hatte testamentarisch ein Kuratorium zur Nachlasspflege eingesetzt, das umsichtig über die Ausführung und den Vertrieb von Güssen entschied. Mit der Übernahme der Nachlasspflege durch die Familie Gaul-Reinheldt, dem Gießen von im Nachlass nicht für eine posthume Auflage vorgesehenen Werken, Verkäufen von Modellen und Archivmaterial ist das Œuvre Gauls heute merklich verwässert. | Yvette Deseyve