Beim Vergleich dieses Blattes mit dem Stahlstich vom Gesundbrunnen in Neustadt-Eberswalde wird der gesellschaftliche Unterschied zwischen den beiden Badeorten recht deutlich. Der mit der Entdeckung der Heilquelle im Jahr 1683 begründete kurfürstliche und später königliche Gesundbrunnen in Freienwalde war nicht nur älter, sondern auch wesentlich vornehmer als der erst seit 1793 erschlossene Privat-Brunnen in Neustadt-Eberswalde. Dies wird schon an den Bäderanlagen deutlich. Rechts im Bild ist der Neukönigliche Flügel aus der Zeit Friedrichs II. mit dem 1817/18 errichteten Speise- und Festsaal von Karl Friedrich Schinkel (1781-1841) zu erkennen. Beide Bauten wurden trotz ihrer kulturhistorischen Bedeutung 1961 abgerissen. Davor erstreckt sich die Promenade mit dem Brunnenhaus. Dagegen wirken die Badehäuser von Neustadt-Eberswalde (vgl. u.a. Inv.-Nr. V 5883/1 K) mehr als bescheiden. Auch das Publikum unterscheidet sich auf den Bildern. Während in Eberswalde Mütter mit ihren Töchtern auf dem Rasen sitzen und sich unterhalten, hat man den modisch gekleideten Damen in Freienwalde Stühle hinausgetragen, um einem sich waghalsig auf seinem Stuhl nach hinten lehnenden Gitarristen zu lauschen. Ein Zug von Affektiertheit liegt über der Szene, fein aufs Korn genommen von Carl Blechen. [Thomas Sander]
Beschriftung: l.u.: Nach d. Nat. gez. v. Blechen.; m.u.: Gesundbrunnen zu Freienwalde.; r.u.: gest. v. J. G. Martini Rudolstadt 1830.
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