Wandanschlag in deutscher, niederländischer und französischer Sprache
Herausgegeben vom General-Gouverneur des besetzten Belgiens, Freiherr von Bissing, am 15. August 1915 in Brüssel
"Verordnung gegen die Arbeitsscheu.
Artikel 1.
Wer bei Ermittelungen, die die Feststellung seine Hilfsbedürftigkeit bezwecken, über seine persönlichen Verhältnisse wissentlich oder fahrlässig falsche Angaben macht, wird, wenn nicht nach den bestehenden Gesetzen eine höhrer Strafe verwirkt ist, mit Gefängnis bis zu sechs Wochen bestraft; daneben kann auf Geldstrafe bis zu zwölfhundertfünfzig Franken erkannt werden.
Artikel 2.
Wer die Uebernahme oder die Fortsetzung einer ihm angebotenen, seinem Leistungsvermögen entsprechenden Arbeit ohne hinreichenden Grund ablehnt, obwohl er aus öffentlichen oder privaten Mitteln unterstützt oder durch seine Ablehnung unterstützungsbedürftig wird, wird mit Gefängnis von 14 Tagen bis zu sehs Monaten bestraft.
Als hinreichend ist insbesonderer jeder auf dem Völkerrechte beruhende Grund anzusehen.
Das Gericht kann ausserdem auf die in Artikel 14 des Gesetztes vom 27. November 1891 (Moniteur belge S 3531 ff.) vorgesehene Massregel erkennen.
Artikel 3.
Wer einer nach Artikel 2 strafbaren Arbeitsverweigerung durch Gewährung von Unterstützungen oder auf andere Weise wissentlich Vorschub leistet, wird mit Geldstrafe bis zu zwölftausendfünfhundert Franken bestraft, neben welcher auf Gefängnis bis zu einem Jahre erkannt werden kann.
Arktikel 4.
Leisten Gemeinden, Vereinigungen oder sonstige Veranstaltungen der Arbeitsverweigerung gemäss Artikel 3 Vorschub, so wird die Strafe gegen die leitenden Personen verhängt.
Artikel 5.
Beträge, die nachweisbar zur Unterstützung der in Artikel 2 genannten Personen bestimmt sind, werden zu Gunsten des belgischen Roten Kreuzes eingezogen.
Artikel 6.
Zuständig sind die Strafkammern der belgischen Gerichte erster Instanz.
Artikel 7.
Diese Verordnung tritt mit ihrer Verkündigung in Kraft."
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