Zu den gebräuchlichsten Trinkgefäßen der Spätgotik zählen die so genannten Krautstrünke. Sie waren im späten 15. und frühen 16. Jahrhundert sehr beliebt. Die relativ großen Nuppen, mit denen diese Trinkbecher verziert wurden, ähneln den Stielansätzen eines entblätterten Kohlstrunks - daher auch ihre eigentümliche Bezeichnung. Neben zahlreichen Bruchstücken von Tongeschirr, Hohlgläsern, Fensterglas und organischen Resten, wurde der hier abgebildete Krautstrunk 1951 aus dem Aushub einer Baustelle am Westrand des Ulmer Münsterplatzes geborgen. Die zahlreichen Funde stammen aus einer Latrine, die bei den Bauarbeiten zerstört wurde, und streuen über einen Zeitraum von bis zu 300 Jahren, vom 14. bis 17. Jahrhundert. Für den um 1500 entstandenen Krautstrunk lässt sich über schriftliche Unterlagen sogar der Haushalt vermuten, in dem er einst benutzt worden war. Für das Jahr 1522 ist bei der Fundstelle der Latrine das Wohnhaus des Wolfgang Stammler (1493-1558) belegt, Spross einer bis in das späte 17. Jahrhundert nachweisbaren Ulmer Patrizierfamilie und berühmter Arzt, der nach seinem Studium in Tübingen, Ingolstadt und Wittenberg seinen Doktortitel um 1517 in Bologna erworben hatte. Neben Holz- und Keramikgefäßen gehörten Gläser zum gebräuchlichen Inventar von Wirtshäusern und bürgerlichen Haushalten. Wein und Bier waren die beliebtesten Getränke im späten Mittelalter. Aus Krautstrünken und Nuppenbechern trank man vorwiegend Wein - beim Genuss von Wasser wurde Zurückhaltung geübt.
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