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Stadtmuseum Bad Dürkheim im Kulturzentrum Haus Catoir Biedermeier – zwischen Restauration, Hambacher Fest und Vormärz [2013/0063]
https://rlp.museum-digital.de/data/rlp/resources/documents/202111/25145150011.pdf (Stadtmuseum Bad Dürkheim im Kulturzentrum Haus Catoir CC BY-NC-SA)
Provenance/Rights: Stadtmuseum Bad Dürkheim im Kulturzentrum Haus Catoir (CC BY-NC-SA)
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Predigt: "Die freie Presse als Wort und Ruf Gottes…."; Zweibrücken, 1832

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Description

Broschüre mit der abgedruckten Predigt: "Die freie Presse als Wort und Ruf Gottes an die Menschen zu ihrer Erleuchtung und Beglückung." Diese wurde Anfang März 1832 von dem evangelischen Pfarrer zu Luthersbrunn (Ludwig) Carl Klöckner gehalten und im gleichen Jahr von dem Verleger und Drucker Jakob Friedrich Rost in Zweibrücken, veröffentlicht.
13 Seiten; Zweibrücken, 1832.

Pfarrer Klöckner stand den liberalen Ideen von Wirth und Siebenpfeiffer nahe. Selbst von der staatlichen Zensur betroffen, betont er in seiner Predigt anhand einger theologischer Beispiele die Wichtigkeit der Verbreitung der Wahrheit und damit auch die Notwendigkeit der Pressefreiheit: "... nicht die Bibel allein, sondern alles was geschiehet und gegeben wird um der Wahrheit und des Guten willen, ist Gottes Wort. Und ebenso haben wir dann auch insonderheit anietzo die freie Presse in unserm Lande als solches anzusehen..." (Zitat Klöckner S. 11).

Der Verleger Rust aus Zweibrücken wurde zusammen mit den Inititoren des Hambacher Festes 1833 vor dem Assisengericht in Landau angeklagt. Vorgeworfen wurde ihm hauptsächlich die Verbreitung "incriminierter" Schriften.

Material/Technique

Papier, weiß; schwarz * bedruckt

Measurements

Breite/Länge: 13 cm; Höhe: 20 cm; Tiefe: 0,1 cm

Transcript

Original: Deutsch

Die freie Presse als Wort und Ruf Gottes an die Menschen zu ihrer Erleuchtung und Beglückung. ________________ Predigt, über Joh. 17, 17. gehalten am Anfange des Monats März 1832 von Carl Klöckner evangelischer PFarrer zu Luthersbrunn ________________ Zweibrücken, 1832. Gedruch und zu haben bei J. F. Rost Vorrede. ________________ Da gegen den Unterzeichneten, wegen der hier folgenden Predigt, so wie wegen seines Eifers für die Unterstützung der freien Presse, durch das dienstbeflissene K. Land-Commissariat Pirmasens auf's Neue Untersuchungen betrieben werden; so siehet sich derselbe genöthiget, jene Predigt seinen Mitbürgern hier öffentlich vorzulegen, nicht nur, um sie dadurch für die gute Sache noch mehr anzueifern, sondern auch zugleich, um Jeden in den Stand zu setzen, selbst beurtheilen zu können, welche von beiden Partheien in dieser Sache die besten und darum allein unsträflichen Staatsbürger seyn müssen, ob die, welche im Geiste des Christenthums handeln, oder die, welche im entgegengesetzten Geiste handeln; und zu erwägen, ob wir wohl zur freien Ausübung unserer Religion, zur freien Ausübung unserer Gottesverehrung im Geiste, mit der That und in der Wahr- - II - heit mehr Duldung finden bei unserer Staatsverwaltung, als die ersten Christen unter der römisch-heidnischen Obrigkeit. Jesus und seine Apostel wurden verfolgt, eingekerkert , vor den Gerichten herumgeschleppt, und als Verbrecher und Rebellen verurtheilt und hingerichtet; und dennoch hat das Christenthum eine solche Ausdehnung bekommen, daß es nicht zu verkennen ist, es müsse doch, abgesehen von den großen Massen, die in unsern Tagen noch, nur dem Namen nach Christen sind, Etwas in sich tragen, das nicht von dieser Welt, und also nicht in Sack zu bringen ist. Den Körper können sie wohl tödten, aber den Geist, der sich einmal frey, nach Gottes Absicht, bewegen will, müssen sie ungeschoren lassen. C. Klöckner. 1 Wie die Pflanzen des Feldes zu ihrer natürlichen Entwickelung das erwärmende Licht der Sonne bedürfen; so soll, so darf den Menschen zur Entwickelung und Kräftigung ihrer geistigen und sittlichen Anlagen die Wahrheit nicht entzogen werden. In Christo Jesu geliebte deutsche Mitbürger! Es ist eine alte, längst behauptete Wahrheit, wie Ihr selbst sie schon öfters gehört und gelesen haben müßt, die Wahrheit nemlich: eine der größten Wohlthaten, die wir von Gott empfangen haben, sei die Mittheilung des göttlichen Worts. Im alten Testament wird schon gesagt: Gottes Wort sei unseres Herzens Freude und unser Trost,1) unseres Herzens Leuchte und ein Licht auf unsern Wegen.2) Und Jesus Christus, der Stifter unserer Religion, der da, nach seiner eigenen Aussage, gekommen war, nicht das Wort des alten Testaments aufzulösen, sondern es vielmehr zu erfüllen,3) zu innigem, lebendigem, thätigem Glauben an Gottes heiligen Willen, dieser Jesus Christus nennt sich selbst das Licht der Welt,4) den rechten sichern Weg zu unserer wahren __________________ 1) Jerem. 15, 16. 2) Psalm 119, 105. 3) Math. 5, 17. 4) Joh. 8, 12. 2 Wohlfahrt, nennt sich die Wahrheit und das rechte, eigentliche Leben;1) so nennt er nemlich seine Belehrungen und Ermahnungen, und sein eigenes, standhaftes Verhalten unter dem Groll der lichtscheuen Finsterlinge. Ob aber nun gleichwohl schon seit beinahe 2000 Jahren das Christenthum und mit diesem das reinste Wort Gottes verkündiget und anempfohlen wurde, so findet man dennoch eine Menge Menschen, selbst in Gemeinden und Völkerschaften, deren Bürger sich Anhänger von Jesus Christus nennen, noch eine Menge, an denen sich wenige oder gar keine gesegnete Wirkungen des göttlichen Worts zeigen. Immer noch, und immer mehr hat man bisher die Klage vernommen über Harte und ungerechte Bedrückung der Menschen untereinander. Und in ihrem Unglück geberden sie sich gewöhnlich, als wäre weder Rath noch Beistand zu finden; bei jeder persönlichen Unentschlossenheit zu kräftigem Beistand des bedrängten Mitbruders fehlt es auch immer zugleich an dem gegenseitigen Zutrauen zu gegenseitiger Hülfe und Unterstützung. Und bei allem Dem muß dann noch natürlich der innere Friede fehlen, und wie dabei die beruhigende Zuversicht auf Gottes Wohlgefallen fehlen muß, so muß auch zugleich das stärkende, ermuthigende Vertrauen auf dessen Hülfe und Beistand fehlen, was doch jedem echten Anhänger Jesu Christi verheißen ist in seinem göttlichen Worte. Wie? — hat denn das Wort dieses gottbegeisterten Menschenfreundes nicht den hohen Werth, nicht die beglü- _______________ 1) Joh. 14, 6. 3 ckende Kraft welche ihm zugeschrieben sind? oder fehlt es etwa an den Menschen selbst, daß das Wort Gottes seine wohlthätige Wirkungen nicht auf sie äußert? Darüber Euch erbauliche Erläuterung zu geben, das ist der Zweck unserer also angefangenen Betrachtung, um deren gesegnete Wirkung ich mit den Worten Jesu, nach Joh. 17. V. 17, also bete: „Heiliger Vater! möchten doch alle hier Versammelten geheiliget werden in Deiner Wahrheit! Ja möchten alle, alle Völker, und so insonderheit unsere deutschen Mitbrüder durch solche religiöse Betrachtung in Deiner Wahrheit geheiliget werden! denn dein Wort ist ewig heilsame, wohlthätige Wahrheit für Alle, die sie mit Geist und Gemüth in ihr Leben und Wirken aufnehmen!" Amen! _________________________ Wie man das Wort Gottes gebrauchen müsse, wenn es an uns gute Wirkung thun soll, das ist also der Hauptgegenstand der gegenwärtigen Betrachtung. Und da muß es dann vorerst Jedem klar seyn, was denn eigentlich Gottes Wort sey. Es mag Euch zwar überflüssig dünken, daß ich darüber zu Euch sprechen will, was Gottes Wort sey; weil Ihr dies längst zu wissen glaubt und sagen möchtet: die Bibel ist Gottes Wort. Gut! aber hört! wenn Jesus in seinem Gebete zu Gott spricht: dein Wort ist die Wahrheit; so setze ich noch dazu: jede Wahrheit, die uns Gott auf irgend eine Art, zur Belehrung und zur Besserung mittheilt, so daß der Mensch vollkommen, daß er geschickt und willig werde zu allem guten Werk, wie Paulus sich ausdrückt;1) jede Wahrheit, die Gott uns hiezu auf irgend eine Art bekannt macht, ist Gottes Wort; es sey nun, daß Gott sie uns durch die Stimme eines Predigers in der Wüste zurufe, oder durch die Stimme einer reich geschmückten Feldflur. Wenn die Felder mit ihrer Pflanzenwelt, und die Pflanzen wieder mit ihren Früchten mancherlei Art den Menschen zurufen: sehet! so müßt auch ihr Früchte bringen, nach eurer Art, Früchte, wie Gott sie von Euch verlangt, nach den Kräften die er in Euch gelegt hat, liebevolle, entschlossene That für die Brüder; oder, wenn die republikanische Betriebsamkeit und der gegenseitige Beistand eines Ameisenvolkes uns zuruft: sehet! so, wie wir in brüderlicher Einigkeit mit unseren geringen Kräften Berge bauen, und uns gegenseitigen Schutz und Beistand leisten zum gemeinsamen Wohl, gegen muthwillige, gefühllose Dränger, und, wie wir unsere schon halb zerschlagenen, halb zertretenen Mitbürger oder Geschlechtsmitglieder, mit eigener Lebensgefahr in Sicherheit und zur noch etwa möglichen Genesung bringen; so seid auch Ihr, Menschen, einig und gemeinsinnig zu unverdrossener Wirksamkeit für Euer gemeinsames Wohl gegen Eure feindliche Dränger; auf daß Ihr Eure Götterkraft und Eure Götterwürde nicht vergebens und zu Eurer Schande trägt! Wenn solche Zurufungen vor unserm Geiste auftönen und in unsere Herzen dringen, so sind auch sie als Worte Gottes anzusehen, zu beachten und zu unserm Heile zu gebrauchen. Weil aber ________________ 1) 2. Timot. 3. 17. 5 nun von solchen Wahrheiten, die Gott immer von Zeit zu Zeit, bald auf die eine, bald auf die andere Weise den Menschen kund gethan hat, weil von solchen Wahrheiten viele in der Bibel enthalten sind, so wird diese vorzugsweise Gottes Wort genannt. Dabei haben wir aber doch nicht zu glauben, daß alles, was in der Bibel stehet, dem Buchstaben nach müsse genommen werden, denn nicht die Worte der Bibel, sondern der Geist, der Sinn dieser Worte ist eigentlich Gottes Wort. Wenn z. B. Jesus bei einer gewissen Veranlassung sagte: ärgert dich dein Aug', so reiße es aus, und werfe es von dir;1) so konnte er das doch nicht so wörtlich genommen haben wollen, so nemlich, als solle jeder, den sein Aug' zur Sünde reize, dasselbe wirklich ausreißen; in dem Falle wäre wahrscheinlich in unserer ganzen Religionsgemeinschaft Keiner, der nicht scheel oder gar blind wäre; denn, wo ist Einer, der nicht ein oder das andere Mal durch sein Aug in Versuchung gekommen wäre, und somit Ärgernis bekommen hätte. Vielmehr wollte Jesus mit jenem Worte nichts anders sagen, als: wirst Du zur Sünde gereizt, so mußt Du Alles aufbieten, um den sündhaften Begierden zu widerstehen und sie zu unterdrücken; oder bist Du zum Guten aufgefordert, irgend ein uneigennütziges gutes Werk zu thun, irgend ein uneigennütziges Opfer zu bringen, so mußt Du alle selbstsüchtige, engherzige Regungen überwinden, die Dich hindern, _____________________ 1) Math. 18. 9. 6 die Dich abhalten wollen, zu thun, wozu der gute Geist, wozu eine göttliche Stimme Dich auffordert. Ferner dürfen wir auch nicht glauben, daß Alles, was in der Bibel stehet, für uns gehöre. Nehmet nur einmal einen leiblichen Vater, welcher schon erwachsene, große, und auch noch kleine Kinder hat; er giebt ihnen ebenfalls, als guter, verständiger Vater, mancherlei Lehren, die alle sein Wort sind; einige davon gehören aber nur für die Kleinen, und gehen die Erwachsenen nichts an, andere gehören für die Erwachsenen und gehen die Kleinen nichts an. Giebt er z. B. den Befehl, an kein tiefes Wasser zu gehen, kein scharfes Messer oder kein Schießgewehr in die Hände zn nehmen; so ist dieß zwar Alles des Vaters Wort; es gehört aber nicht für alle seine Kinder, sondern nur für die Kleinen; den Größern empfiehlt er vielmehr dergleichen zur Übung und zu zweckmäßigem Gebrauch. Und gerade so ist's nun mit der Bibel. Ein großer Theil dieses Buchs, selbst im neuen Testament, ist blos für die Juden geschrieben, die in der Religions-Erkenntniß noch Kinder gegen uns waren, die nur, zum Theil auch durch die Verhältnisse der Zeiten, schon mehr im Geiste Christi erleuchtet sind. Die Juden waren nemlich, wie bekannt, an einen sehr sinnlichen Gottesdienst gewöhnt, und konnten davon auch nicht leicht abgebracht werden, weil sie von Religion nichts als dergleichen bei allen um sie herumwohnenden Völker sahen. Deßwegen wurden ihnen lauter Ceremonien vorgeschrieben, die ihrer Unwissenheit und ihrer 7 kindischen, sinnlichen Denkungsart angemessen waren. Daher rühren die vielen Vorschriften im alten Testament über Opfer, über Auswahl der Speisen und dergleichen mehr, die aus gleichem Grunde auch im neuen Testament noch zuweilen ihre Anerkennung finden. Uns gehen aber Vorschriften der Art nichts mehr an; die wir, nach Jesu ausdrücklicher Ermahnung, Gott anbeten sollen im Geist und in der Wahrheit, so anbeten sollen, daß wir ernstlich streben, ihn und seinen heiligen Willen durch vernünftige Betrachtung immer mehr zu erkennen, mit solch' eigener, tiefer Überzeugung zu erkennen, daß wir, ohne Gesetzeszwang, den Willen Gottes gern erfüllen,; daß wir ihn also anbeten nicht blos mit Worten und Geberden, sondern mit der That und in der Wahrheit, durch uneigennütziges, gemeinsinniges, liebevolles Wirken für die Brüder, in geistiger wie in leiblicher Hinsicht. Daß von den Vorschriften der Apostel viele uns nicht mehr angehen, und blos für die damaligen Zeiten, für die ersten, neuen Christen gegeben waren, die von dem Juden- oder Heidenthum ausgetreten waren, und für Christi Gemeinschaft sich erklärt hatten; das gehet aus den verschiedenzeitigen Reden und Schreiben der Apostel selbst hervor. So sprachen z. B. einige Apostel in Antiochien zu den Heidenchristen: es gefällt dem heiligen Geist und uns, Euch keine Beschwerden mehr aufzulegen, als nur diese nöthigen Stücke: daß ihr euch enthaltet von Götzenopfer und von Blut, und von __________________ 1) Joh. 4. 24. 8 Ersticktem etc. von welchen, so Ihr Euch enthaltet, thut Ihr recht.1) In späterer Zeit aber schreibt Paulus in einem Brief an die Collosser:2) so lasset Euch Niemand ein Gewissen machen über Speise und Trank, oder über bestimmte jüdische Feiertage, über Neumonden und Sabathe. Also um des Friedens Willen, damit nicht eine gänzliche Trennung erfolgen möchte, machten die Apostel unter den ersten Christen die Verordnung, daß sie des Bluts und dergleichen sich auch ferner enthalten möchten; und in späterer Zeit aber, als die Gemeinschaft der Christen schon fester, und ihre Erkenntniß schon größer war in den christlichen Wahrheiten, da lehrte Paulus um der Wahrheit willen, daß der Christ sich an keine alte heidnische oder jüdische Religionsgebräuche mehr zu halten habe, ja, daß er sich ihrer enthalten müsse, wenn er ein vernünftiger, echter Anhänger Jesu Christi sein wolle. Dies beweist also hinlänglich, daß nicht alles, was in der Bibel stehet, für Alle gleich verpflichtend ist, nicht für Alle gehört, und so auch nicht alles für uns ist, was darin enthalten ist. So haben wir z. B. das Unrecht und tiefe Kränkung nicht fortan stumm zu ertragen, wenn uns, selbst rechtlich, ein sicherer, rechtlichler Weg zu unserm Rechte aufgethan ist; denn wir leben ja nicht mehr unter jener mächtigen heidnischen Obrigkeit, und Gott ist ja, wie der Allliebende, so auch zugleich der Allgerechte, der jedem Unrecht feind ist, von dem der ______________________ 1) Appost. 15. 29. 2) Colos. 2. 16. 9 Mensch in echtem Gottvertrauen sich ernstlich zu befreien strebt. So also, das göttliche Wort mit der gehörigen Überlegung, mit der gehörigen Weisheit benutzt; jedes Wort Gottes nach den verschiedenen Zeitverhältnissen und Bedürfnissen der Gesellschaft mit Geist und Gemüth erfaßt, so daß es im Thun und Lassen des Menschen sich offenbare, so jedes göttliche Wort benützt; dann, dann wird derjenige himmlische Zustand der Menschen schon auf Erden für sie nicht mehr fern seyn, welchen die heilige Schrift mit Reich Gottes bezeichnet. Daß aber das göttliche Wort noch so wenig wohlthätige, gesegnete Wirkungen unter den Menschen und auf dieselben hat, davon liegt die unseelige Ursache eben darin, daß ihnen, in ihrer niedern, blos sinnlichen Stellung, andere Gegenstände werther sind, als Gottes Wort. O, wie eifrig ist ihr Bestreben nach Geld oder nach sonst zeitlichem Gut, oder nach blos sinnlichem Genuß und nach blos sinnlicher Freude. Darum findet man, bei nur wenig guter Ausnahme, nichts als niedere Selbstsucht in allen ihren teuflischen Auswüchsen, unter deren Herrschaft der Mensch auch das kleinste Opfer scheuet, das er Gott und der Wahrheit zu Ehren bringen soll; darum findet man wenig oder gar keinen Sinn für echt christliche Gemeinschaft unter einander, selbst in einer und derselben Religions-Gemeinde oft nicht. Und in dieser thierischen Selbstsucht der Meisten, als hätten sie immer noch keine Ahnung von etwas Höherem, Edlerem, immer noch keine Ahnung von dem Geiste, den Gott durch Jesum 10 Christum den Menschen anempfohlen und einem jeden schon den Keim davon ins Herz gelegt hat, zur eigenen, selbstthätigen, selbstbeflissenen Ausbildung, in dieser thierischen Selbstsucht, sage ich, denken sie dann auch nicht an die Besserung und Erhöhung ihres innern Werthes, sondern blos an die Vermehrung ihres äussern Gut's, und sind keiner guten, keiner echt christlichen That fähig; denn sie haben keinen christlichen Sinn, und darum auch keinen christlichen Willen. Und so fehlt ihnen dann auch der himmlische, göttliche Seelenfriede, der uns durch das Wort Gottes verheißen ist. Ja, daß es mit der zeitlichen Wohlfahrt in unsern Tagen so übel bestellt ist, daß Ihr, mit Ausnahme derer, die in der Noth und in dem Verarmen ihrer Nebenmenschen ihr Glück und die Vermehrung ihres Reichthums suchen, daß Ihr, mit Ausnahme dieser, gemeinsame Klage führt über theure Zeit, über Geldmangel und über zu viele und zu große Zahlbefehle, das Alles liegt eben darin, weil Ihr bis hieher ohne echt christlichen Gemeinsinn nur, wie die Thiere des Feldes, um das Irdische, Zeitliche Euch abmühet, und keinen Sinn bezeigt habt für etwas Edleres, keinen Sinn für göttliche Winke, und für höhere menschliche Angelegenheiten. Und die Noth wird größer noch werden, je hartnäckiger Ihr in Eurer niedern, verächtlichen Stellung beharrt. Ja wo die Einzelnen fort und fort nicht achten auf Gottes Stimme, wo sie gegen allen göttlichen Ruf gleichsam mit Fleiß die Ohren verstopfen und das Herz verschließen; o, so werden sie in ihrer selbstsüchtigen Trägheit und in ihrer Herzenshärtigkeit 11 einen schrecklichen Untergang erfahren, nicht weniger schrecklich, als die Zerstörung Jerusalems und diejenigen Verfolgungen waren, welche über die Juden einst um ihres gottvergessenen, selbstsüchtigen Verhaltens willen ausgebrochen waren. Wo Gottes Wort, wo der Ruf Gottes nicht geachtet wird nach seinem erhabenen Werthe, da bleiben auch natürlich seine wohlthätigen, gesegneten Wirkungen aus. Denkt euch z. B. eine Gemeinde, in deren Mitte eine reine, zur Gesundheit besonders zuträgliche Wasserquelle flöße, die den Durst nicht nur löschte, sondern das krankhaft erhitzte Blut, selbst wohlthätig kühlte, und, damit gewaschen, alle Glieder des Leibes stärkte; aber nur Wenige machten einen gehörigen gerade in dieser Gegend nothwendigen Gebrauch davon; o, wie könnte da die Quelle ihre heilsame, ihre wohlthätige Wirkung thun! Eben so ist es nun mit Gottes Wort, wenn man es nicht recht gebrauchen will, wenn man's nicht gehörig beachtet und in sein Leben und Wirken aufnimmt. — Aber, wie früher schon gesagt, nicht die Bibel allein ist Gottes Wort, die vorzugsweise also genannt wird, weil es eine Sammlung vieler Schriften ist zur Belehrung und zur Besserung, zur Heiligung und zur wahren Menschenwohlfahrt, nicht die Bibel allein, sondern Alles, was da geschiehet und gegeben wird um der Wahrheit und des Guten willen, ist Gottes Wort. Und eben so haben wir dann auch insonderheit anjetzo die freie Presse in unserm Lande als solches anzusehen, die Presse zum belehrenden Abdruck und zur Beförderung der Wahrheit und alles Guten. Wer nun von dieser 12 Presse bereits schon gehört hat, und dennoch fortfährt, sich zu weigern, dieselbe mit einem kleinen Beitrag zu unterstützen, es sey nun aus stinkendem Geize, oder aus feiger Bedenklichkeit, aus unzeitiger Furchtsamkeit; wer fortfährt, sich davon zurückzuziehen, der bezeigt sich dann nicht als echten Anhänger Jesu Christi: denn dieser sagte ja: so ihr an meiner Rede bleibet, seyd ihr meine rechten Jünger, und werdet zur Wahrheit euch halten, und dadurch die Wahrheit erkennen, und die Wahrheit wird euch dann frei und ---1) glücklich machen. Und das sollt Ihr auch durch die Presse und werdet's durch dieselbe werden, wenn Ihr sie kräftig unterstützet und ihre Erzeugnisse eifrig mit Verstand und mit Gemüth zu ergreifen, aufzufassen strebt. Wer aber gar Wider dieses herrliche Unternehmen der gottbegeisterten Volksbeglücker unserer Zeit, wer gar dawider spricht und handelt, wie so lange schon jene lichtscheue Priesterschaft wider das in den Urkunden unserer Religion enthaltene Wort Gottes; wer mit verruchten Lügen oder mit irgend einschüchternden, abschreckenden Reden dawider handelt, es sey nun Landmann oder Städter, Handwerker oder Handelsmann, ( Bierwirth oder Gastwirth, Gemeindediener oder Vorsteher, Gerichtsbot oder Staats-Prokurator, Scharfrichter oder Stabsoffizier, Lakirer, Landkommissär oder Religionslehrer,) oder sonst irgend ein Staatsbeamter; immerhin bezeigt er sich, wenn er gegen dieses herrliche Unternehmen spricht oder handelt, mit mehr oder weniger Verschuldung als _______________ 1) Jak. 8, 31. 13 ein Gesell, als ein Diener des Satans. Nicht Gott, den Vater der Wahrheit, betet ein solcher an, sondern den Teufel; denn er dienet ja diesem Fürsten der Finsterniß, dem eben auch Licht und Wahrheit ein Gräuel ist, und dessen Reich Unwissenheit, Falschheit und niedere Selbstsucht ist, worin jede ungerechte Macht sich weiden kann mit sicherem Spiel, zum zeitlichen und ewigen Verderben der Menschen. , darum bitte und beschwöre ich Euch! um Eurer zeitlichen und ewigen Wohlfahrt willen! eilet und unterschreibet zur Unterstützung der freien Presse. Es ist diese bei Gott im Himmel! bei meiner Seele Seligkeit! ein Wort und Werk Gottes, zur Erleuchtung und zur Beglückung der Menschen. Sie, diese freie Presse, sey, wie die Bibel und wie jedes schöne, Licht und Wahrheit bezweckende Buch, Eures Herzens Freude und Euer Trost: auf daß sie, auch durch Eure Unterstützung, Eures Fußes Leuchte werde und ein beglückendes Licht auf Euren Wegen! Amen!
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1832
Klöckner, Ludwig Carl
Printed Printed
1832
Rost, Jacob Friedrich
Zweibrücken
1831 1834
Stadtmuseum Bad Dürkheim im Kulturzentrum Haus Catoir

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Der über 2000-jährigen Tradition des Weinbaus in Bad Dürkheim entsprechend, ist das Stadtmuseum in einem ehemaligen Weingut untergebracht. Auf über...

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