Das großformatige Blatt ist einem Graduale entnommen. Auf dem verso kennzeichnet die Initiale R den Introitus der Messe zum Ostersonntag: Resurrexi et adhuc tecum (auferstanden bin ich und bin nun immer bei Dir). Christus steht auf dem geschlossenen Deckel des Sarkophages mit segnend erhobener Rechten, in der Linken die Fahne, das Zeichen seines Sieges über den Tod. Am Boden liegen schlafend die Grabeswächter. Im tiefblauen Grund stehen links und rechts Blütenbäume, eine Andeutung des Ortes. Der Buchstabenkörper überschneidet mit seiner Blatt-Blütenverzierung den begrenzenden Rahmen, dem kufische Ornamentik in Gold eingezeichnet ist. An drei Seiten - auf die vierte übergreifend - rahmt ein mit Blättern und stilisierten Blüten verzierter Stab Text und Notation des Gesanges. Aus dem zarten Farbklang von Weiß, Rose, Grau, hellem Grün und Braun hebt sich leuchtend Blau, Mennigrot und poliertes Blattgold heraus, charakteristisch für Florentiner Buchmalerei. Typisch auch das mit Goldblüten besetzte Gewand Christi und das bräunlich-olive Inkarnat seines Gesichtes. Pacino war neben seiner Tätigkeit als Tafelmaler vor allem Illuminator und als solcher Zentrum eines größeren Werkstattbetriebes, der für die Buchmalerei des 14. Jahrhunderts in Florenz innovativ wurde. Eine Vielzahl von Mitarbeitern bewirkte, daß die Ausführung nicht immer gleichmäßig war. Offner hat unser Blatt der Werkstatt Pacinos zugewiesen, unter deren Arbeiten es in Zeichnung, Ikonographie und dekorativem System seine Art kennzeichnend wiedergibt.
Text: Frauke Steenbock in: Das Berliner Kupferstichkabinett. Ein Handbuch zur Sammlung, hg. von Alexander Dückers, 2. Auflage, Berlin 1994, S. 54f., Kat. I.9 (mit weiterer Literatur)
Entstehungsort stilistisch: Florenz
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