1834-35 führte ein Pariser Aufenthalt den jungen Rayski zur Berührung mit der romantischen Geschichtsmalerei von Gericault, Delacroix und Delaroche. Eine gewisse Neigung zu historischen Themen und deren dramatischer Darstellung muß so bekräftigt worden sein. Auch »Die Ermordung des Thomas Beckett« ist in diesen Zusammenhang zu stellen. Sogenannte »Mordszenen« der erwähnten Maler sind vergleichsweise etwa Delaroches »Ermordung des Herzogs Heinrich von Guise« oder Delacroix´ »Ermordung des Bischofs von Lüttich«. Rayskis Bildvorstellung wird in Braun gehaltenen monochromen Ölskizzen variiert, von denen man sechs nachgewiesen hat (eine in der Dresdner Gemäldegalerie und zwei im dortigen Kupferstichkabinett). Zur abschließenden Ausführung als Gemälde kam es nicht.
Die Szene stellt dar, wie vier Edelleute im Jahre 1170 im Auftrage König Heinrichs II. von England dessen Kanzler Thomas Beckett, der später Erzbischof von Canterbury war, vor dem Altar seiner Kathedrale ermorden. Dramatisch und effektvoll bewegt ist die Komposition aufgebaut: Über den exaltierten Mördern in ihren Posen erhebt sich die dunkle Gestalt, in höchster Not das ragende Kruzifix umschlingend. Die spontan hingeworfen erscheinende Malerei lebt ganz von einem düsteren Licht zwischen Hell und Dunkel. In dieser Modernität, aber auch in der Themenwahl bleibt die Arbeit mit wenigen ähnlichen im Werk Rayskis Episode: er ist als konventioneller Porträtmaler in die Kunstgeschichte eingegangen.
Text: Gottfried Riemann, in: Das Berliner Kupferstichkabinett. Ein Handbuch zur Sammlung, hg. von Alexander Dückers, 2. Auflage, Berlin 1994, S. 393,Nr. VII.43 (mit weiterer Literatur)
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