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Kupferstichkabinett [KdZ 5014]
http://www.smb-digital.de/eMuseumPlus?service=ImageAsset&module=collection&objectId=1056624&resolution=superImageResolution#214135 (Kupferstichkabinett, Staatliche Museen zu Berlin CC BY-NC-SA)
Provenance/Rights: Kupferstichkabinett, Staatliche Museen zu Berlin / Jörg P. Anders (CC BY-NC-SA)
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Stehender nackter Mann (Herkules?)

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Description

Cranachs Rückenakt eines ungeschlachten Wilden Mannes mit Keule schreitet in unakademischem Kontrapost mit vorgestelltem und ins Profil gedrehten linken Spielbein leicht bergan. So schiebt sich die Hüfte über dem Standbein hoch, aber das gewölbte Hohlkreuz die Muskelkontraktion weitgehend auf, so daß die zu erwartende Senkung der rechten Schulter beinahe vollständig unterbleibt. Trotz der Figurenspannung hängt der kräftig durchmuskelte rechte Arm schlaff herab und faßt die Keule ohne merkliche Kraftanstrengung. Die hochgestreckte andere Hand scheint einen nicht dargestellten Gegenstand zu umgreifen, möglicherweise einen Stützstab, den der ungeschlachte Lockengnom mit gespanntem Interesse fixiert.

Rasch und sicher umrissen, dann bisweilen leicht korrigierend mit etwas kräftigerem Federstrich konturiert, wird die Figur im wesentlichen von der zielgenau aufgetragenen braunen Lavierung bestimmt. Sie akzentuiert und modelliert die Binnenflächen der Zeichnung, und durch sie entsteht ein sehr genaues Bild des Zusammenspiels von Knochenbau, Sehnen, Muskeln und Haut. Einige Partien der Rückenfigur fanden offenbar das gesteigerte Interesse des Zeichners, die Achillessehne des rechten Beins, der linke Unterschenkel, die linke Wade und das im verlorenen Profil gegebene linke Knie. Den Oberschenkel fehlt dagegen die Spannung, die sich erst wieder im Gegeneinander der Gesäßhälften aufbaut, die ihrerseits dann in ein reiches Schattenrelief im Lendenwirbelbereich überleiten. Brustkorb und Schultern bleiben vergleichsweise indifferent, obgleich sie mit zahlreichen dünnen Federlinien in der Anlage modelliert sind, so daß erst wieder Kopf und Hände einen gespannten Zugriff des Zeichners erkennen, bzw. erahnen lassen. Beide Arme wirken merkwürdig flau und im Vergleich mit den genau beobachteten Partien etwas fahrig geschildert. Das ist wohl auch dem Zeichner aufgefallen, der den Eindruck durch eine Federmarkierung der Ellbögen zu mildern trachtete.

Der unregelmäßige Beschnitt des Blattes und der Schlagschatten einer anderen Figur vor dem linken Fuß des Keulenträgers verweisen darauf, daß die Figur ursprünglich in einem weiteren Kontext stand. Seine Benennung ist deshalb nicht vollständig geklärt. Er wurde als Apollo, Herkules, Adam oder Wilder Mann bezeichnet. Jedenfalls fügt sich die die Figur ungezwungen in die Reihe kämpfender männlicher Aktfiguren mit charakteristischen Kraushaarfrisuren und typisch ledriger Körperoberfläche auf der Weimarer Bildtafel des „Silbernen Zeitalters“ von 1527 ein, ohne einem dieser ausgeführten Wilden Männer genau zu entsprechen. Die Studie entspricht damit einem verbreiteten Werkstattphänomen des Cranachateliers. Statt echter Wiederholungen fertigte man in dem Atelier eher Varianten einmal gefundener Lösungen, die auf Zeichnungen festgehalten werden konnten. In jedem Fall stehen die Figuren auf dem Weimarer Bild der Skizze näher als der Keulenschwinger auf der Berliner Silberstiftzeichnung „Kampf der Satyrn und Nymphen“ oder das „Silberne Zeitalter“ (KdZ 385), als deren mögliche Vorzeichnung Lippmann das von Beckerathsche Blatt bereits 1895 publizierte. Seine Einschätzung hatte berechtigterweise keinen Bestand, und auch die Deutung der Figur als „Herkules aversus“ führt angesichts der engen Beziehungen zu den Wilden Männern der Weimarer Tafel zu weit.

Text: Michael Roth in: Kunstsinn der Gründerzeit. Meisterzeichnungen der Sammlung Adolf von Beckerath. Kupferstichkabinett Staatliche Museen zu Berlin 30.11.2002 - 23.3.2003. Berlin 2002, S. 106f., Kat. 38 (mit weiterer Literatur)

Material/Technique

Feder in Braun, grau laviert

Measurements

Höhe x Breite: 25,4 x 13,2 cm unregelmäßig, grob der Form folgend beschnitten

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Object from: Kupferstichkabinett

Das Kupferstichkabinett ist das Museum der Graphischen Künste bei den Staatlichen Museen zu Berlin. Es bildet dort das Sammlungs-, Kompetenz- und...

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