Dem kleinen Gerät in Gestalt eines annähernd quadratischen Zentralbaus mit vier Apsiden waren ursprünglich wohl mehrere Funktionen zugedacht. Über der kreuzförmigen Giebelverdachung und dem in gleicher Weise gedeckten laternenartigen Dachaufbau erhebt sich ein zylindrischer Turmaufsatz, der als Dornscheide für ein offenbar fest mit diesem Unterbau verbundenes Kreuz gedient hat, wie Reste dreier Befestigungsstifte belegen. Außer der damit erwiesenen Zweckbestimmung als Kreuzfuß war dem Werk jedoch noch eine weitere Funktion zugedacht, für die sein Inneres zugänglich sein musste. Dies erhellt aus der Konstruktion der gesondert gegossenen, über Scharniere nach unten klappbaren Apsiden. Hinter einer von ihnen verbirgt sich eine rundbogige Öffnung der Seitenwand. Wohl zu Recht ist die Verwendung des Gerätes als Tabernakel zur Aufbewahrung der konsekrierten Hostie vermutet worden. Dieser noch wenig erforschte Gerätetyp tritt regelmäßig in zentralbauförmiger Gestalt auf, als sinnstiftende Reminiszenz an das Heilige Grab und zugleich als Symbol für das Himmlische Jerusalem.
Der Berliner Kreuzfuß, zu dem ein fast identisches Schwesterstück im Cleveland Museum of Art existiert, wurde auch als Räuchergefäß benutzt, wie Russspuren in seinem Innern bezeugen. Vielleicht erfolgte mit dem Rückgang des Gebrauchs mobiler Tabernakel im Laufe des Mittelalters eine Umnutzung, zumal aus dem byzantinischen Bereich ähnliche zentralbauförmige Räuchergefäße bekannt sind, erinnert sei an das sog. Anastasiusreliquiar im Aachener Domschatz.
Aus der stilistischen Nähe zu dem auch funktional eng verwandten Kreuz auf Provisur-Pyxis im Hildesheimer Domschatz ist auf die Herkunft des Berliner Kreuzfußes aus Hildesheim geschlossen worden. LL
Entstehungsort stilistisch: Niedersachsen (Hildesheim?)
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