In seinem Katalog „Malkunst im 19. Jahrhundert“ von 1920 hat Justi mit großer Wahrscheinlichkeit das vorliegende Bild beschrieben: „eine LANDSCHAFT AUS DER PFALZ - milde Perlmuttertöne über leuchtendem Grün, der Strich teils breitflächig, teils tanzend bewegt – gibt einen Hinweis auf die Bedeutung Slevogts als Landschafter.“ Die Nationalgalerie hat das als Leihgabe im Haus befindliche Bild 1923 von den Erben des Bankiers und Kunstsammlers Carl Steinbart (1852-1923) als Geschenk erhalten. Justi jedoch ließ das seiner Ansicht nach unfertige Bild nicht inventarisieren, da er es gegen ein anderes Werk von Slevogt einzutauschen beabsichtigte. (SMB-ZA, I/NG 470, Journal-Nr. 1929/1849, Bl. 707 ff.) Es wurde jedoch in die Ausstellungskataloge aufgenommen und erhielt die Galerienummer 1463. Der dünne Farbauftrag in Pastelltönen hat wohl zu der Annahme geführt, dass das Bild nur angelegt sei. Ein Tausch kam nicht zustande, das Bild ist noch auf späteren Aufnahmen der Hängung im Kronprinzenpalais zu sehen. - Diese helle Park- oder Gartenlandschaft mit der Diagonalen einer jungen Birke im Bildfeld ist ungewöhnlich im Werk von Slevogt. Kein Fernblick ist gegeben, sondern eine belebte Fläche aus Grün- und Rottönen, durchzogen von einem sonnigen Gelb, darüber ein violettblauer Himmel. Und wie bei zahlreichen Gartenbildern anderer Maler dieser Zeit gibt es eine lesende, sinnende Frau, hier erst auf den zweiten Blick zu finden. Slevogt war 1918/1919 gleichsam auf Neukastel gefangen, da die französische Besatzungsmacht die Ausreise nicht erlaubte. Das bringt das wie verriegelte Bild in beziehungsreiche Nähe zu dem Bild „Die Gartenbank“, 1916, von Max Liebermann (A II 1839). Eine Gartendarstellung in Zeiten äußerer Bedrängnis hier wie dort. | Angelika Wesenberg
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