Nach der Übersiedlung von Mannheim nach München begann Wilhelm von Kobell, sich rasch in das Kunstleben der bayerischen Hauptstadt zu integrieren. Der Berufung zum Hofmaler folgten zahlreiche Aufträge, zunächst vor allem für Tierstücke und Schlachtendarstellungen. Später, wohl angeregt durch seine Freundschaft mit Johann Georg von Dillis, entdeckte er mehr und mehr die oberbayerische Landschaft.
Ab 1815 entwickelte Kobell in oft kleinformatigen Ölgemälden den Typus des ›Begegnungsbildes‹, womit er seinen ganz eigenen Beitrag zur Kunstgeschichte des frühen 19. Jahrhunderts leistete. Meist stellte er ein wie zufällig wirkendes Zusammentreffen von Reitern, Jägern, Bauern und Tieren dar, häufig an Schauplätzen um den Tegernsee, den Starnberger See und den Ammersee. In einem gleichmäßigen Licht von objektivierender Klarheit erscheinen die Figuren bewegungslos, ihr starres Verweilen entfernt sie gleichsam vom Alltäglichen.
Das Bild »Reiter am Tegernsee« zeigt an einer Wegkreuzung einen vornehmen Städter mit Zylinder auf einem edlen Schimmel, links einen Reitknecht, rechts ein Bauernpferd, im Vordergrund zwei Hunde. In stiller Vereinzelung verharren die Figuren, die, mit klarer Kontur umgrenzt, sich an keiner Stelle überschneiden. In ihrer zeitlosen, nahezu surrealen Präsenz scheinen sie unverrückbar. Selbst die Regenwand über den Bergen bewirkt keine Dynamik. Eine verwandte Komposition des gleichen Titels von 1832, befindet sich in Privatbesitz (Öl auf Holz, 31,5 × 43 cm; vgl. S. Wichmann, Wilhelm von Kobell, München 1970, Nr. 1505); ein vorbereitendes Aquarell entstand 1830 (29,5 × 24 cm; ebd., Nr. 1479). | Birgit Verwiebe
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