Befördert durch die erneute Wertschätzung der holländischen Malerei des 17. Jahrhunderts, erwuchs dem Thema weiblichen Fleißes in der Genremalerei neue Bedeutung. Darstellungen zumeist bürgerlicher Frauen im Interieur, die stillen, häuslichen Beschäftigungen nachgehen, erfreuten sich großer Beliebtheit. Insbesondere Nähen und Sticken galten als ausgesprochen weibliche Tätigkeiten und bedienten ein altes Rollenbild, das sich im Zuge der Industrialisierung allerdings grundlegend zu wandeln begann. Seit den frühen 1840er Jahren war das Nähen für viele Frauen die einzige Möglichkeit, sich ein Zubrot zu verdienen, verschob sich also von einer intim-häuslichen Tätigkeit ins Öffentliche. Émile Lévy, der vor allem als Maler idealistischer Historienbilder zu Rang und Namen kam, reflektiert dies nicht. Seine kleinformatige Genreszene zeigt, wie schon die Arbeiten Georg Friedrich Kerstings und anderer, im sanften Licht die junge Frau ganz auf ihre Hausarbeit konzentriert. Vgl. ebenso das einige Jahre später entstandene Bild einer Stickerin von Carl Albrecht (Nationalgalerie, Inv.-Nr. A II 69). | Regina Freyberger
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