Friedrich Gilly (1772–1800), der Sohn des Baumeisters David Gilly, studierte seit 1788 in der Architekturklasse der Berliner Akademie bei Carl Gotthard Langhans und Friedrich Becherer. 1796 entwarf er, Anregungen dorischer Tempelarchitektur aufnehmend, ein Denkmal Friedrichs II., womit ihm endgültig der Durchbruch gelang. 1797 wurde er zum Oberhofbauinspektor ernannt und reiste mit königlichem Stipendium bis 1798 nach England, Frankreich und Süddeutschland. 1798 erhielt er eine Professur an der neugegründeten Bauakademie.
Das kurz vor Gillys Tod, vielleicht aber auch postum entstandene Bildnis scheint in seiner frischen Malweise von Gilly selbst inspiriert. Etwa zur selben Zeit wie Weitschs Bildnis entstand 1801 auch eine idealisierende Büste Gillys von Gottfried Schadow (Akademie der Künste, Berlin, Kunstsammlung; zwei Gipsabgüsse in der Nationalgalerie, Inv.-Nr. G 250 a und b). Bild und Büste sind die einzigen Darstellungen des frühverstorbenen Künstlers, den nicht nur sein Schüler Karl Friedrich Schinkel hoch verehrte. Der Dichter Wilhelm Heinrich Wackenroder schrieb 1793 an Ludwig Tieck: »Jede Schilderung ist zu schwach. Das ist ein Künstler! So ein verzehrender Enthusiasmus für die alte griechische Simplizität! Ein göttlicher Mensch!« (zit. nach: Berlin 1789–1848, Ausst.-Kat., Berlin 1981, S. 108). Das Bild von Weitsch zeigt uns »den Jüngling, der von Paris zurückgekehrt ist, mit einer unerhörten Lebendigkeit. So als sei etwas von dem Feuer des Dargestellten auch über den Maler gekommen, so temperamentvoll und frisch ist das Bild gemalt. […] Die Haltung und Wendung des Kopfes, der besondere Schnitt des Gesichtes, den die Halsbinde noch unterstreicht, haben etwas Stürmisches, ja Fliegendes. Diesem Antlitz glauben wir das Nüchterne ebenso wie das Besessene, das Tätige nicht weniger als das Grübelnde und Umfassende« (A. Rietdorf, Gilly, Berlin 1940, S. 151). Die Kenntnis des Bildes von Weitsch vermittelte im Zusammenhang einer Publikation über Gilly der Kunsthistoriker Johannes Jahn (vgl. Rietdorf, ebd., S. 180). Das Bildnis selbst gelangte aus dem Besitz des Finanzministeriums in die Sammlung der Nationalgalerie. | Angelika Wesenberg
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