Seit die »Sixtinische Madonna« von Raffael 1754 in die Dresdner Gemäldegalerie gekommen war und Johann Joachim Winckelmann sie in seiner Schrift »Gedanken über die Nachahmung der griechischen Werke in der Malerey und Bildhauerkunst« (1755) gepriesen hatte, wurden die Werke des Renaissance-Künstlers in Deutschland kulthaft verehrt, unzählige Male kopiert und in Stichen reproduziert. 1820 feierte man das herausragende europäische Künstlergenie in Berlin anläßlich seines 300. Todestages mit einer Festveranstaltung in der Kunstakademie. Karl Friedrich Schinkel entwarf die Dekorationen unter anderem mit einer integrierten Kopie der »Sixtinischen Madonna«. Im selben Jahr präsentierte der Wach-Schüler Heinrich Lengerich auf der Berliner Akademieausstellung mehrere Kopien nach Raffael, darunter eine Wiederholung der »Madonna Conestabile«. Das Original befand sich seit 1789 in der Sammlung von Giancarlo und Scipione Conestabile in Perugia, kam 1870 in den Besitz von Zar Alexander II. nach Sankt Petersburg und 1880 als Geschenk in die Eremitage. Lengerich hatte Raffaels Gemälde während seines ersten Italienaufenthalts (1817–1821) kopiert. Das heute in der Nationalgalerie bewahrte Werk gelangte damals in den Besitz von Schinkel, vermutlich als dieser 1824 den Künstler in Rom besuchte. Während seiner zweiten Italienreise (1822–1825) führte Lengerich im Auftrag Friedrich Wilhelms III. erneut Kopien nach Werken des Renaissance-Meisters aus. Die Raffael-Verehrung des Königs sowie seines Nachfolgers Friedrich Wilhelms IV. führte schließlich zur Eröffnung eines Raffael-Saals in der von Stüler erbauten Neuen Orangerie in Potsdam im Jahre 1858. Dort wurden zahlreiche Raffael-Kopien verschiedener namhafter Künstler des 19. Jahrhunderts ausgestellt, unter anderem auch eine weitere Wiederholung der »Madonna Conestabile« (Stiftung Preußische Schlösser und Gärten Berlin-Brandenburg, Potsdam). | Birgit Verwiebe
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