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Nationalgalerie Alte Nationalgalerie [A I 643]
https://id.smb.museum/digital-asset/4995851 (Alte Nationalgalerie, Staatliche Museen zu Berlin CC BY-NC-SA)
Provenance/Rights: Alte Nationalgalerie, Staatliche Museen zu Berlin / Jörg P. Anders (CC BY-NC-SA)
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Die Berlin-Potsdamer Bahn

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Description

Schon ehe der deutsche Eisenbahnbau seinen fünfjährigen Rückstand gegen den englischen aufgeholt hatte, hatte der kaum siebzehnjährige Lithograph Menzel Gelegenheit, ein Blatt mit englischen Eisenbahnmotiven zu kopieren. Später sollte er mehrfach Reisende im Coupé – ein Interieur auf Schienen! – zeichnen und malen (vgl. beispielsweise die Gouache in: Adolph Menzel, Ausst.-Kat., Berlin 1997, S. 415). Doch das Bild von 1847, das in einer zwei Jahre älteren Zeichnung (Kupferstichkabinett, Berlin) vorweggenommen ist, bildet als einziges das neue Verkehrsmittel im landschaftlichen Zusammenhang ab. Die Bahn nach Potsdam nahm Menzel häufig, wenn er seinen besten Freund, den Militärarzt Wilhelm Puhlmann, besuchte, und nicht zufällig besaß ebenjener gerade dieses Bild.
Nur drei Jahre nach der ersten deutschen Eisenschienenbahn, die seit Dezember 1835 von Nürnberg zur Nachbarstadt Fürth verlief, schuf sich die Hauptstadt Preußens eine Strecke nach Potsdam. Die verwendeten Lokomotiven stammten aus Newcastle. Der Bahnhof stand am Südrand von Berlin unweit des Schafgrabens (vgl. »Bauplatz mit Weiden«, Nationalgalerie, Inv.-Nr. A I 900). Ödland, zugunsten der neu entstehenden Bau-Aktiengesellschaften aufgegebenes Feld- oder Gartenland, umgibt auch den Berlin-Potsdamer Schienenstrang. Diese Zone der Vorläufigkeit vor den Stadttoren, ein Markenzeichen des industriellen Fortschritts, hat Menzel als erster in Deutschland als einen malerischen Gegenstand erkannt. Doch auch die Eisenbahn wird von ihm sogleich, an der technischen Neugier vorbei, malerisch aufgefaßt: Ihn interessiert, wie das große Maß des Schienenstrangs den kleinteiligen Landschaftsraum verändert, wie Geschwindigkeit und Rauchschwaden mit der Atmosphäre zusammenwirken.
Der Standpunkt muß etwa an der Stelle des heutigen Bahnhofs Großgörschenstraße gedacht werden. Wenn sich auch am Horizont die Silhouette der Stadt Berlin abzeichnet – mit den gleichartigen Kuppeltürmen des Deutschen und des Französischen Doms –, so zielt doch diese Malerei kaum auf topographische Genauigkeit ab. Das längst beliebte Motiv wird wie ein Köder ausgelegt, der die Neugier weckt und zugleich enttäuscht, denn die suggestiven Lichter, Dunkelheiten, Farbakzente erweisen sich bei näherem Besehen als rasche Pinselspuren, die nur fragmentarische Auskunft geben. Wo man ein Gebäude zu erkennen glaubt, streicht die Farbe über entscheidende Formen hinweg, ohne um eines Gegenstandes willen ihre eilige Bewegung zu unterbrechen. Fast immer bleibt sie dünn, und in weiten Teilen der Bildfläche herrscht ein gewöhnlich zur Untermalung verwendetes Sepiabraun.
Im selben Jahr malte Menzels Freund Karl Eduard Biermann den Transport von Lokomotiven durch den Hof der Borsigschen Fabrik (Stiftung Stadtmuseum Berlin). Dies könnte den Anstoß gegeben haben, in die ursprünglich rein landschaftliche Komposition den qualmenden Zug einzubeziehen, wodurch Raum- und Zeiterfahrung miteinander verbunden werden. Aber auch von William Turners Bild »Rain, Steam and Speed« (1844, National Gallery, London) hatte man in Berlin durch eine respektvoll befremdete Rezension gehört (vgl. Kunst-Blatt, Beilage des Morgenblatts für gebildete Stände, 25. Jg., 1844, H. 77, S. 324). Doch während Turner die Naturkräfte ins Übernatürliche steigert, behauptet Menzel auch hier seine Ästhetik der Phrasenlosigkeit. Im Zusammenhang mit dem Bild »Die Berlin-Potsdamer Bahn« bekannte er, als junger Mann einige Bilder von John Constable »genau angesehen« zu haben (zit. nach: H. von Tschudi, Aus Menzels jungen Jahren, Berlin 1905, Fußnote S. 238). | Claude Keisch

Material/Technique

Öl auf Leinwand

Measurements

Höhe x Breite: 42 x 52 cm; Rahmenmaß: 60 x 68 x 10 cm

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Die Nationalgalerie umfängt einen Kosmos der Kunst vom 19. Jahrhundert bis in die unmittelbare Gegenwart. Wer sich in ihre Ausstellungen begibt,...

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