Dieser Corpus Christi ist ein ungewöhnlich qualitätsvolles Exemplar dieses extremen Kreuztypus. Die sogenannten Pestkreuze zeigen seit dem Mittelalter die Geißelungswunden Christi häufig oder überwiegend als Pestbeulen und stellen eine Verbindung zwischen dem Leiden Christi und dem Pestleiden her. Hier schuf der Künstler jedoch richtige Geißelungswunden mit hängenden Fleischfetzen eines unter äußersten Schmerzen Gestorbenen. Obwohl solche extremen Darstellungen des Gekreuzigten aus der Barockzeit auch Pestkreuze genannt werden, ist die Frage erlaubt, ob sie, wie im Mittelalter, eine Auseinandersetzung mit der Krankheit sind oder Andachtsobjekte für die Betrachtung der Wunden Christi, insbesondere des strömenden Blutes der Seitenwunde. Nichtsdestoweniger, auch wenn diese Darstellung der Folter am Kreuz wahrscheinlich die Realität einer Kreuzigung genauer zeigt, als die meisten Kruzifixe, erreicht sie die Grenzen des Ertragbaren für den Betrachter. Diese Objekte sind auch nie ursprünglich für den Hochaltar gemacht worden, sondern meistens für Kapellen und Prozessionen.
Problematisch ist auch die Tatsache, dass bei Kreuzigungsdarstellungen fast immer eine Balance zwischen der Bereitschaft Christi, sich aufopfernd zu Tode foltern zu lassen, und seiner Würde als Gottessohn gesucht wird. Auch hier, so lächerlich wie es sich anhört, gibt die intakte Frisur des Heilands einen Hinweis auf seine Würde. Eine Besucherin des Museums hat einmal geäußert, dass sie das Kunstwerk als Gotteslästerung empfinde, da es Christus so stark erniedrige. Damit hat sie eine Aussage dieses Kruzifixes völlig erfasst.
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