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Deutsches Märchen- und Wesersagenmuseum Grafische Sammlung [M98/287b]
Der Mäuseturm bei Bingen - Was sich die Rheinburgen erzählen (Deutsches Märchen- und Wesersagenmuseum CC BY-NC-SA)
Provenance/Rights: Deutsches Märchen- und Wesersagenmuseum / Hanna Dose (CC BY-NC-SA)
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Der Mäuseturm bei Bingen - Was sich die Rheinburgen erzählen

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Description

Auf einer Rheininsel in der Rheinbeuge bei Bingen, kaum einen Kilometer stromabwärts nach der Nahe-Mündung steht seit vielen Jahrhunderten ein Zollturm, der seit etlichen Generationen stets „Mäuseturm“ genannt wird. Vermutlich handelt es sich bei der Bezeichnung um eine Abwandlung der mittelalterlichen Version von „Mautturm“. Die Bewohner am dortigen Rheinufer haben den Namen aber seit langer Zeit mit dem Mainzer Erzbischof Hatto II. in Verbindung gebracht, der sich im 10. Jahrhundert dort angeblich vor Mäusen in Sicherheit bringen wollte, die ihn verfolgten. Er soll während einer Hungersnot den Armen seine Kornvorräte verwehrt haben, und er ließ eine um Nahrung bettelnde Gruppe in eine Scheune sperren, die anschließend angezündet wurde. Die Schreie der Sterbenden verglich er mit „pfeifenden Mäusen“. Sogleich kamen großen Mengen von Mäusen aus allen Ecken gekrochen und fielen über ihn her. Im Zollturm wähnte er sich sicher, aber Tausende von Mäusen schwammen zur Insel, drangten in den Turm ein und fraßen ihn auf.
Tatsächlich stammt der Turm allerdings erst aus dem 13. Jahrhundert. Vermutlich wurde er schon damals als Signalturm genutzt, weil die Schifffahrt an der nahen Gefahrenstelle des „Binger Lochs“ eine geregelte sichere Durchfahrt benötigte. Im 17. Jahrhundert wurde der Turm erst im dreißigjährigen Krieg und dann erneut im pfälzischen Erbfolgekrieg verwüstet. Im 19. Jahrhundert wurde er als Provisorium für die Signal-Setzung wieder verwendet. 1855 ließ der preußische König Friedrich Wilhelm IV. den Turm in neugotischer Architektur neu aufbauen. Er symbolisierte jetzt auch die Grenze zu den benachbarten Herzogtümern Nassau und Hessen. Bis 1974 wurde die Rheinschiffart durch die Signale vom Turm am „Binger Loch“ geregelt. Zwischen 2012 und 2015 wurde der Turm saniert und dabei erstmals mit einem weißen Farbanstrich versehen.

Das Blatt gehört zu einer 11-teiligen Bilderserie mit Themen der Mittelrhein-Burgen und der zugehörigen Sagen von Eduard Glaser, Essen.
Glaser teilt auch dieses Bild für zwei Ansichten auf, wobei er in seiner typischen Komposition dem Betrachter den Blick auf die Details durch architektonische Elemente zeigt. Auf der linken Bildhälfte sehen wir durch einen Spitzbogen-Zugang Erzbischof Hatto II. auf einer Liege, wie er entsetzt den Ansturm einer großen Mäuse-Schar wahrnimmt. Unterhalb des Bogens hat Glaser einen Rankenblatt-Zierfries platziert. Zwischen den Ranken tummeln sich die Binger Mäuse auf dem Fries. Dadurch dass auf dem Treppenabsatz darüber die Mäuse in das Bild drängen, bringt Glaser räumliche Tiefe in die Darstellung!
Auf die rechte Bildhälfte hat Glaser den auf der östlichen Inselspitze stehenden Mäuseturm in seiner neugotischen Architektur des 19. Jahrhunderts aus südöstlicher Blickrichtung gemalt. Damals war der Turm mit dem vorgelagerten Treppenturm, unter dem ein Eisbrecher vorgesehen wurde, unverputzt. Der Blick auf den Turm wurde von Glaser in einem steinumrahmten Durchbruch eines fiktiven Gebäudes platziert. Im Zentrum über beiden Ansichten hat Glaser noch das kurmainzer Wappen gestellt, das nur das „Rad des Hl. Martin“, das „Mainzer Rad“ beinhaltet. Darüber gehört noch die Bischofs-Mitra dazu, und hinter dem Wappen kreuzen sich Krummstab und Kur-Zepter. Das Zepter sieht bei Glaser aber eher wie ein Spazierstock aus.
Glaser hat mit Bleistift "Der Mäuseturm bei Bingen" unter das Bild geschrieben, und er hat das Blatt unten rechts signiert. Seine Initialen hat er unten rechts auf dem Bild auf der Wasseroberfläche platziert.

Material/Technique

0,2 mm grauer Karton, Gouache, Mischtechnik

Measurements

B x H: 28,8 cm x 38,7 cm

Literature

  • Simrock, Karl (1869): Rheinsagen aus dem Munde des Volks und deutscher Dichter. Für Schule, Haus und Wanderschaft. Buch
  • Uther, Hans-Jörg (1994): Sagen aus dem Rheinland. München
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Deutsches Märchen- und Wesersagenmuseum

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