Original: Deutsch
Dr. med. Adolf Stoll
Bad Dürkheim, den 9.VII.1934.
Betr. "Brunboldisstuhl"
Aufsatz in Heft 28 "Der deutsche Rundfunk"
Seite 6, v. 7.VII.1934
1.) "Geometrische Form" der Ringwal1-Anlage.
Sie ist zugleich eine astronomische Figur, denn ihr
etwa 900 Meter langer Nord-Bogen bedeutet wohl die
Bahn der Wintersonne, und der steile, spitz nach
Süden auf die "Sonnwende" auslaufende Bogen des
Ringwalls, (1400 Meter lang) bedeutet wohl die Bahn
der Sommersonne. ( An der "Sonnwende" liegt heute
das gleichnamige Sanatorium)
2.) "Man schätzt ihr Alter auf etwa 2 - 3000 Jahre"
- das Alter der Ringwall-Anlage glaube ich besser angeben
zu können. Ich sehe von Veröffentlichungen aus früheren Jahren,
soweit sie mir begegnet sind ab, aber noch vor einem halben
Jahre wiederholt Dr. H. H. Kritzinger: "Mit geradezu auffallender Übereinstimmung führen verschiedene Denkmäler dieser
Art auf das Jahr 1800 vor Christus. Wir dürfen daher annehmen,
dass gerade um diese Zeit die Kalenderentwicklung der Vorzeit
einen besonderen Höhepunkt erreicht."
Und auf Grund der hochentwickelten Astronomie, usw. unseres
Heiligtums lege ich sein Alter auf 1500 vor Christus, als hohe
Zeit unserer Kultstätte, deren Anfänge gewiss noch weiter zurück-
reichen. Deshalb schrieb ich über den Brunoldesstuhl "Geschichte
eines altgermanischen Heiligtums in 4 Jahrtausenden."
Von einer Gewandnadel aus Bronze, die Direktor Teudt auf
etwa 2000 vor Christus schätzt und Direktor Dr. Sprater auf etwa 1000 v.Chr. schätzt, kann man an sich nicht viel
Aufsehen machen, obwohl sie vor dem Brunoldesstuhl gefunden
wurde. Aber diese bronzene Gewandnadel lag in der tiefsten bis
jetzt erreichten Sohle vor dem Brunoldesstuhl, und ausserdem
bei einer ausgedehnten schwarzen Brandschichte, und ist also
nicht irgend zufällig von einer germanischen Schulter geglitten,
sondern bei einer Fläche, auf der mehr als einmal Feuer ent-
facht wurde.
Ebenfalls unter Bezug auf neuere Forschungen über Ring-
wall-Anlagen möchte ich noch erwähnen, dass die Auffassungen
von Dr. Albrecht-Mainz über Entstehungszeiten von Ringwällen
in Mitteldeutschland erkennen lassen, dass ein Südwest-deutsches Astronomium wie bei Bad Dürkheim unmöglich jünger sein kann als
etwa 600 v. Christus (Rheinland—Besiedelung durch das Germanen-
tum ist hier wesentlich älter! ) Also jünger als 2600 Jahre
kann unsere Anlage keinesfalls sein.
Einem sehr wichtigen Mittel zur Bestimmung des Alters
unserer Anlagen sehen wir immer noch entgegen: Nämlich Zeitbe-
rechnung der Berechnung von astronomischen Orientierungslinien.
Solche Berechnungen haben selbst bei alten Kirchen beachtliche
Ergebnisse gebracht.
Leider ist bis jetzt noch keiner der Fachleute auf diesem
Gebiet bei uns erschienen; dagegen konnten wir im Mai dieses
Jahres die interessanten Alters-Bestimmungen (...) "Die
astronomischen Orientationen der assyrischen Tempel§ bewundern.
Wir hoffen, dass das Bekanntwerden des altgermanischen
Astronomiums über Bad Dürkheim, wozu mein Rundfunkvortrag beitragen
möge, auch uns einmal eine so schöne Arbeit beschert.
Einstweilen können wir hierzu nur die Worte der Brüder
Grimm zitieren:
"In Asien, Afrika und bei den Lappen"
"da misst man jeden Winkel aus"
"indes wir noch im Dunkeln tappen”
"in unserm eignen Vaterhaus !"