Ein Albtraum, ein Nachtgeist – Büttners Titel verbindet den althochdeutschen Begriff der „mara“ (Zermalmerin) mit dem althebräischen Mythos der ersten Frau Adams, Lilith. Im Gemälde erscheint sie nachts als durchsichtiges, geflügeltes Gespenst. Der Schlafende hat nichtsahnend seine Arme ausgestreckt, vor dem weit geöffneten Fenster ruht die Stadt unter dunkelblauem Himmel. Die mythische Lilith weigerte sich, beim Geschlechtsakt unter ihrem Mann zu liegen. Sie steht für Gefahr und Sexualität. Jetzt hockt sie auf dem schlafenden Mann und presst ihre Hände auf seine Brust. Liliths Flügel, ihre klassischen Gesichtszüge und das wilde, zerzauste Haar – auch Letzteres bezieht sich auf den Mythos – glänzen leicht im Kerzenlicht. Die Kerze ist noch nicht heruntergebrannt, was vielleicht andeutet, dass die Nacht noch jung ist. Auch Lilith sieht jung aus, doch auf dem Nachttisch finden sich ein Schädel, Obst und Blumen als traditionelle Symbole der Vergänglichkeit, wobei der Totenkopf wohl zugleich als warnendes Vorzeichen gelesen werden kann. | Emily Joyce Evans
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