Der Berliner Bildhauer Eugen Drippe (1873–1906) war Pagels’ Lehrer im Atelier von Ernst Herter, bei dem beide gelernt hatten. Drippe verstand es, seine leicht verwachsene Statur durch Humor zu kompensieren, und gerade diesen Wesenszug hat Pagels einzufangen versucht: Der zwischen die Schultern gezogene Kopf bewirkt einen schalkhaften bis kauzigen Gesamteindruck. Das Bildnis entstand 1905: „Der junge Schüler modellierte seinen Lehrer, ohne daß der es merkte“ (Bildhauerleben in Berlin. 43 Jahre Wahlheimat – Hermann Joachim Pagels erzählt, in: Berliner Lokal-Anzeiger, 7.10.1936). Die Resonanz auf das 1906, im Todesjahr Drippes, in der Großen Berliner Kunstausstellung gezeigt Gipsmodell war überaus positiv. Im selben Jahr wurde bei Pagels eine Ausführung in Sandkalkstein für die Nationalgalerie bestellt, im Januar 1907 war sie vollendet. Innerhalb kurzer Zeit wurde sie auf mehreren Ausstellungen gezeigt. Von einem 1937 in der Literatur genannten zweiten Exemplar im Provinzialmuseum Hannover (Wilhelm Gomell, Der Bildhauer Hermann Joachim Pagels, in: Berliner Börsenzeitung, 5.5.1937, o. S.) haben sich keine Spuren gefunden. Das Bildnis kann als charakteristische Arbeit jener Jahre gelten; die Formverfestigung weist auf gleichzeitig tätige Bildhauer wie Georg Wrba und Hugo Lederer hin. Es gibt allerdings in Pagels’ Schaffen auch genrehafte, detailveristische Motive (etwa die Figuren des „Hühnerdieb“-Brunnens von 1913 in Aachen), die nicht so sehr nach machtvoller Festigkeit als vielmehr nach volkstümlicher Auffassung und Allgemeinverständlichkeit streben. | Bernhard Maaz
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