Am Ufer eines Wasserlaufs vor einer summarisch umrissenen Bergkulisse wählen zwei Höflinge in Begleitung eines jungen Dieners Kiefernsprösslinge aus. Diese wurden in einem „Wurzel ziehen“ (j. nebiki) genannten Brauch am ersten Tag des neuen Jahres gefällt. Dieser Fruchtbarkeitsritus ist bereits seit der Heian-Zeit (794–1185) durch Schriftquellen belegt. Immergrüne Kiefern, ein Symbol für Ausdauer und langes Leben, waren ein beliebter Schmuck während der Neujahrsfestlichkeiten. Die weiche Tuschestimmung und die geschmackvoll zurückhaltende Farbgebung verleihen dieser Komposition eine elegante Note, die gut zu diesem höfischen Bildthema passt. Der in der Stadt Edo geborene und tätige Shibata Zeshin war nicht nur als Maler sondern auch als Lackmeister bekannt und brillierte besonders in der Verbindung dieser beiden Disziplinen, der Lackmalerei (j. urushi-e). Seine eleganten Bilder und technisch raffinierten Lackobjekte wurden nicht nur von der einheimischen Elite sondern gegen Ende des 19. Jahrhunderts auch auf Ausstellungen im In- und Ausland hoch geschätzt. Das Kaiserhaus belohnte seine Leistungen 1890 mit der Ernennung zum Hofkünstler und der Mitgliedschaft in der Kaiserlichen Kunstakademie.
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