Das Bild des haitianischen Künstler Fritz Mistira entstand um 1960. Auf einem Hügel versammeln sich bunt gekleidete Dorfbewohner vor einer überlebensgroßen Christusfigur in einem gelben Gewand mit weißem Umhang. Christus kniet mit ausgebreiteten Armen, in den Händen eine Hostie und einen Abendmahlskelch. Weiße Tiere, die Ähnlichkeit mit Eseln haben, nähern sich der Gestalt. Zum rechten und linken Bildrand hin stehen jeweils zwei brennende Kerzen, große Holzkreuze und einfache kleine Kapellen. Sie setzen die starke Symmetrie fort, die von der Christusgestalt ausgeht. Einige der Dorfbewohner gehen am Stock oder an Krücken, möglicherweise wird sich das Wunder der Krankenheilung ereignen. Die Figuren sind mit sicherer Linienführung umrissen und flächig mit leuchtenden Farben ausgemalt.
Die indigenen Züge der Christusfigur zeigen seine Identifikation der haitianischen Dorfbevölkerung als einen der Ihren. Die gewaltsam christianisierten Nachfahren afrikanischer Sklaven haben ihn nicht nur als Erlöser angenommen, sondern auch seine Forderung nach Gleichheit und Gerechtigkeit mit ihrer eigenen Situation in Bezug gesetzt. Die Religion der Conquistadoren wurde eine Inspiration zur Selbstermächtigung und zum Kampf gegen Ausbeutung und Unterdrückung. In Lateinamerika entwickelte sie sich zur Theologie der Befreiung, ebenfalls um 1960.
In der rechten unteren Ecke steht die Signatur des Künstlers.
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