Der mehrfarbige Linol-Holzschnitt von 2020 zeigt ein Mädchen mit Schürzenkleid und Hund vor der Kulisse der zerstörten Kaiser-Wilhelm-Gedächtniskirche. Die Kirche ist aus Richtung der Tauentzienstraße zu sehen. Auch die umliegenden Geschäftshäuser haben schwere Schäden von den Bombenangriffen des Zweiten Weltkriegs davongetragen. Heutzutage befindet sich auf der linken Seite das 1965 eröffnete und in den frühen 2000ern massiv ausgebaute Europa Center. Die Straßenbahn, deren Oberleitungen in Serusets Darstellung zu sehen sind, verkehrt mittlerweile in diesem Bereich nicht mehr. Die großformatige Grafik beschränkt sich größtenteils auf Weiß, Schwarz und Cremetöne. Nichtsdestotrotz wirkt sie nicht trist, sondern strahlt in Kontrast zu ihrer kriegsgezeichneten Kulisse Fröhlichkeit aus. Mit blauen und gelben Farbakzenten sticht die Kleidung der Protagonistin heraus, die außerdem ein breites Lächeln zeigt. Auf dem Boden unter ihr zeichnet sich ein unheimlicher Schatten ab, der auf den ersten Blick zu einem Hakenkreuz gehören könnte. Bei genauerem Hinsehen wird klar, dass ein Ende der Schattenstruktur auf der linken Seite in die entgegengesetzte Richtung zeigt. Es wirkt somit, als sei es im Begriff, seine Rotationsrichtung zu ändern, wodurch es zu einem Gammadion oder einer Sauwastika werden würde. Während die Swastika (Hakenkreuz) als altertümliches Symbol für die Sonne steht, steht die Sauwastika für die Nacht. Eine Kombination aus beidem könnte demnach auf eine metaphorische Dämmerung schließen lassen.
hu
