Die Radierung zeigt ein Werksgelände zwischen Holtzendorfplatz und Kurfürstendamm, welches entlang der Heilbronner Straße noch erhalten ist. Eine ähnliche Struktur mit Autohäusern, Supermärkten und Tankstellen ist bis heute vorhanden. Die unscheinbaren Gebäude, fast menschenleeren Straßen und zwielichtigen Stadtwelten im umfangreichen Werk von Michael Otto werden in Flächen zerlegt und reduziert dargestellt. Während in der Anfangszeit die Schilderungen der Stadtmilieus noch detaillierter waren, ging er in den 1980er Jahren zu einer blockhaften und reduzierten Formensprache über. Die Darstellung der zwei dunkel gekleideten Frauengestalten vor dem tristen Werksgelände zeigt Ottos Interesse für das soziale Milieu der Arbeiterschaft. Seine Arbeit wurde vom kritischen Realismus beeinflusst, der sich als stilistische Richtung in West-Berlin entwickelte.
Der 1938 in Luckenwalde geborene Künstler studierte an der Meisterschule für Graphik und Buchgewerbe sowie an der Hochschule der bildenden Künste in Berlin. Von 1974 bis 2001 folgte eine Lehrtätigkeit für gegenständliches Zeichnen, grafische Techniken und Illustration an der Berufsfachschule für Foto-, Graphik- und Modedesign des Lette-Vereins in Berlin. Michael Otto war im Künstlerkreis Kreuzberger Boheme aktiv.
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