Die beiden großformatigen Wandgemälde des Historienmalers James Marshall (1838-1902) thematisieren die Auseinandersetzungen der Reformationszeit. Das linke Gemälde zeigt eine Theologenversammlung in Meißen, die unter dem Bildnis Martin Luthers (1483-1546) und unter Aufsicht des Kurfürsten über Zugeständnisse der protestantischen Seite an den katholischen Kaiser berät. Im Entwurf für das Bild heißt es, der Konvent verhandelt über die Möglichkeiten der Annahme des Augsburger Interim (zur Herstellung eines friedlichen Zustandes zwischen den Confessionen im Reiche). Anwesend waren auch Reformator Philipp Melanchthon, der links im Vordergrund dargestellt ist, sowie Georg von Anhalt. Georg, genannt der Gottselige, war Landesfürst von Anhalt-Dessau, anfangs katholischer Priester und später evangelischer Reformator. 1524 wurde er zum Dompropst von Magdeburg und Meißen ernannt. Während er zu dieser Zeit die neuen Gedanken noch bekämpfte, wandelte sich seine Haltung durch den Aufbau einer persönlichen Freundschaft zu Luther und Melanchthon im benachbarten Wittenberg, wobei er erst 1530 offiziell zum Protestantismus übertrat. Er nahm damit eine vermittelnde Haltung ein, die sich vermutlich auch bei dem Konvent in Meißen bemerkbar machte. Dieses kaum bekannte Ereignis der Reformationsgeschichte wurde von dem mit der künstlerischen Gesamtplanung beauftragten Hofrat Wilhelm Rossmann mit Bedacht ausgewählt, weil es gerade hier um eine friedliche Einigung zwischen den Konfessionen ging. Genau diese Sichtweise war im Königreich Sachsen, einem überwiegend evangelischen Land mit katholischem Königshaus, im 19. Jahrhundert ausdrücklich erwünscht.
en