Schon Gleim hatte besonderen Erinnerungsstücken ein Zertifikat beigegeben, um deren Authentizität zu bescheinigen. Sein Großneffe und Nachlassverwalter Wilhelm Körte tat es ihm bei seinem Zertifikat zu dem Ordenskreuzder Sophie Dorothea Gleim nach. Die Anekdote der Verleihung des Ordenskreuzes des Stifts Drübeck an Gleims Nichte klingt allerdings etwas legendenhaft:
Ordens-Kreuz des adelichen Fräulein-Stifts zu Drübeck
Als in den 1770’iger Jahren Gleim nebst seiner Nichte Sophie Dorothea Gleim, (die Karschin hatte ihr den poetischen Nahmen Gleminde beygelegt) beym Grafen Heinrich Ernst zu Stolberg-Wernigerode (gest. 1778) einer Jagd zusah, traf es sich, daß ein stattlicher Edelhirsch unweit von Gleminden niederstürtze. Der Blick des sterbenden Thieres erschütterte Gleminden so, daß sie in Thränen ausbrach, und den Grafen auf eine so rührende Weise bat, von der Jagd abzulaßen, daß dem erlauchten Jäger selbst das Herz weich ward und die ganze Gesellschaft nach dem Schloße zurückkehrte. Bey Tafel ernannte der Graf Gleminden zur Canonissin des Stifts Drübeck und schmückte sie selbst mit dem einliegenden Ordens-Kreuze, welches nun in der Augustin’schen Sammlung für immer einen würdigen Platz gefunden hat.
Halberstadt 21 July 1830. Wilhelm Körte
Die meisten Kanonikate, die mit mehr oder weniger üppigen Pfründen verbunden waren, wurden weitaus pragmatischer erworben und verliehen. An Hochstiften waren sie in der Regel dem Hochadel vorbehalten und dienten zur Versorgung nachgeborener Söhne beziehungsweise unverheirateter Töchter. Die Kapitel von Niederstiften waren teilweise auch Bürgerlichen zugänglich. Gleim selbst, der ein ausgesprochen geschickter Wirtschafter und ein begnadeter Kommunikator war, hatte zu seiner zusätzlichen Versorgung ein Kanonikat des Stifts Walbeck bei Helmstedt erworben und war an der Vermittlung von Kanonikaten an Freunde beteiligt.
In dem ehemaligen Benediktinerinnekloster Drübeck bei Ilsenburg hatten die Grafen zu Stolberg-Wernigerode ein evangelisches Damenstift errichtet.
Der genannte Domprediger Christian Friedrich Bernhard Augustin legte umfassende regionalkundliche Sammlungen an, in die beträchtliche Teile der Sammlungen Gleims eingingen, und so offenbar auch dieses Ordenskreuz aus dem Nachlass von dessen Nichte. 1874 erwarb der Halberstädter Magistrat Teile der Sammlungen Augustins, darunter das Ordenskreuz, das er 14.11.1874 der Gleimschen Familienstiftung, der damaligen Eigentümerin der Gleimschen Sammlungen und Betreiberin des Gleimhauses, überwies.
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